Auch anderthalb Wochen nach der Verhaftung des päpstlichen Kammerdieners reißt die
Veröffentlichung vertraulicher vatikanischer Dokumente in der italienischen Presse
nicht ab. Die Tageszeitung „La Repubblica“ druckte in ihrer Sonntagsausgabe einen
Beschwerdebrief von Kurienkardinal Raymond Burke an Kardinalstaatsekretär Tarcisio
Bertone im Wortlaut. Zudem publizierte das Blatt zwei weiße Briefbögen, die angeblich
jeweils die Unterschrift des päpstlichen Privatsekretärs Georg Gänswein zeigen sollen.
Nach Angaben von „Repubblica“ wurden der Redaktion die drei Dokumente von einer namentlich
nicht genannten Quelle zusammen mit einem Begleitschreiben zugespielt. In diesem teile
sie mit, dass Dutzende weiterer solcher Dokumente in ihrem Besitz seien. Zu den Briefen
des päpstlichen Privatsekretärs heiße es darin, man habe ihren Inhalt mit Rücksicht
auf den Papst unkenntlich gemacht.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Robert Zollitsch, zeigte sich in einem Gespräch mit der Zeitschrift „Focus“
bestürzt über die Veröffentlichung vertraulicher Post vom Schreibtisch des Papstes.
Einen Rücktritt Benedikts schließe er allerdings aus: Das seien „absolut überflüssige
Spekulationen“, so Zollitsch. Der Papst bleibe seinem Amt treu, das er vor Gott und
der Kirche übernommen habe. Auch dass sich die Vatileaks-Affäre vor allem gegen Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone richte, halte er – Zollitsch – für aus der Luft gegriffen. Der Papst
habe keineswegs den Falschen zu seinem Kardinalstaatssekretär gemacht; er – Zollitsch
– sei sicher, dass Bertone alles tun werde, um „Vatikleaks“ aufzuklären und den Schaden
einzugrenzen.