2012-05-31 13:40:13

Sierra Leone/Den Haag: 50 Jahren Gefängnis für Charles Taylor


RealAudioMP3 Die kleine niederländische Stadt Den Haag stand an diesem Mittwoch im Fokus der Weltöffentlichkeit: schließlich ist dort nach langer Dauer der Prozess gegen den Expräsidenten von Liberia, Charles Taylor, zu Ende gegangen. Das eigens eingerichtete UNO-Sondertribunal hat Taylor, der wegen Kriegsverbrechen im Nachbarland Sierra Leone angeklagt war, zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Gedanken des Erzbischofs der Hauptstadt Freetown von Sierra Leone, Edward Charles, gelten aber zuallererst den Opfern der Verbrechen selbst und ihren Familien, die heute in teilweise bitterer Armut leben müssen.

„Es gibt keinen Grund für Jubel, denn das Leben ist schwierig für die Menschen hier und sie müssen sich darum sorgen, ihr tägliches Brot zu verdienen. Heute Morgen auf dem Weg ins Büro habe ich die verstümmelten Flüchtlinge gesehen, die nur noch betteln können. Ich denke nicht, dass die Verurteilung von Charles Taylor zu 50 Jahren etwas an ihrem Leben ändern wird. Er wird ins Gefängnis gehen und dort seinen Unterhalt haben, aber diese Menschen müssen nach wie vor ihren Lebensunterhalt mit Betteln verdienen und ihre Familien leiden.“

Die Verurteilung sei aber, wenn auch nicht ein Grund für öffentliche Jubelfeiern, doch ein wichtiges Zeichen dafür, dass Kriegsverbrecher nicht mehr sicher sein könnten, ungeschoren mit ihren Verbrechen davonzukommen:

„Wir sind auf jeden Fall froh, dass der Gerechtigkeit Genüge getan worden ist und ein Tabu gebrochen worden ist. Diejenigen, die Grausamkeiten gegen andere planen, wissen nun, dass der lange Arm der Justiz sie immer erreichen kann, auch wenn das letztlich keinen Unterschied im Leben derjenigen machen wird, die keine Arme und Beine mehr haben. Meine einzige Hoffnung ist die, dass diejenigen, die noch vom Gerichtshof gesucht werden, auch gefunden und prozessiert werden. Es gibt noch so viele von ihnen, die immer noch frei herumlaufen und Grausamkeiten begehen.“

Der Erzbischof drückt gleichzeitig sein Vertrauen in die Justiz aus und betont seine Hoffnung, die öffentlichen Vorladungen werden auch das Rechtsempfinden der gesamten Bevölkerung stärken:

„Ich vertraue der internationalen Justiz und ihrem Rechtssystem, auch wenn es viele Afrikaner gibt, die meinen, es würde erst recht Kriege in Afrika und anderen Teilen der Welt begünstigen. Ein Tabu ist gebrochen worden, und niemand kann mehr entkommen: Wenn du Schlechtes tust, wirst du vor den Gerichtshof gebracht werden wie Charles Taylor, und wenn du schuldig bist, wirst du verurteilt werden. Die öffentlichen Vorladungen sind ein deutlich sichtbares Zeichen; alle Afrikaner sehen sie und fangen an, dementsprechend zu handeln.“

Richard Lussick, der Präsident des Gerichtshofes in Den Haag, hat betont dass Charles Taylor für „extrem schwerwiegende Verbrechen im Hinblick auf Größe und Brutalität“ verurteilt wurde. Taylor, der von 1997 bis 2003 das Land regierte, ist bereits am 26. April in 11 Anklagepunkten für schuldig befunden worden. Die jüngste Verurteilung bezog sich auf die Unterstützung, die er den äußerst gewalttätigen Rebellen in Sierra Leone vor und nach seiner Machtergreifung gewährt hat.
Das ehemalige Staatsoberhaupt ist auch des Mordes sowie der Vergewaltigung, Folter und Anwerbung von Kindersoldaten für schuldig befunden worden. Alle Verbrechen wurden während des von 1991 bis 2002 währenden Bürgerkrieges in Sierra Leone begangen. Waffenlieferungen und Logistikleistungen wurden von den Rebellen auch in Diamanten bezahlt, die als „Blutdiamanten“ bekannt wurden.

(misna/rv 31.05.2012 cs)







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