Dem Monotheismus - das heißt dem Glauben an nur einen Gott - wohnt ein Gewaltpotenzial
inne, da er die eigene Überzeugung total setzt und den Glauben des anderen nicht als
gleichrangig anerkennt: Diese These des Ägyptologen Jan Assmann versetzt seit rund
zehn Jahren die Theologie in Aufruhr; u.a. der Papst hat ihr deutlich widersprochen.
Nun hat Assmann seine These bei einem Wien-Besuch auf den islamistisch motivierten
Terrorismus bezogen. Auch wenn der Terrorismus Al-Kaidas seines Erachtens „genuin
religiöse Gründe“ habe, so lasse sich dieses Gewaltpotenzial doch deutlich einhegen
durch eine radikale „Entpolitisierung“ der Religion. Dies unterstrich Assmann im Interview
mit der Wochenzeitung „Die Furche“. Während Judentum und Christentum diesen Schritt
der Entpolitisierung bereits vor langer Zeit erfolgreich unternommen hätten, fehle
eine „entpolitisierende Konzeption“ im Islam, so der Heidelberger Forscher. Im Gegenteil:
„Der Islam geht davon aus, dass der wahre Glaube mit dem Schwert verbreitet werden
muss.“ Davon zeugten laut Assmann auch die Elemente eines „apokalyptischen Denkens“,
die der Koran enthalte – „die Vorstellung, dass die Endzeit nahe ist und die Feinde
Gottes bestraft werden müssen“. Dagegen hätten Judentum und Christentum „einen Ausweg
aus dem politischen Verständnis des Monotheismus gefunden - der Vorstellung einer
Wahrheit, der auf Erden zum Durchbruch verholfen werden muss“. Im Judentum bestehe
dieser „Ausweg“ im „Messianismus“, d.h. in der Erwartung der Ankunft eines göttlichen
Heilsbringers; im Christentum besteht er in der „Unterscheidung zwischen dem irdischen
und himmlischen Reich“.
Kritisch äußerte sich Assmann zum interreligiösen
Dialog: Es brauche vielmehr eine „rechtlich abgestützte Konzeption der Menschenrechte,
eine globale Zivilisiertheit, der sich die Religionen unterordnen“. Konzepten wie
dem von Hans Küng betriebene „Projekt Weltethos“ stehe er skeptisch gegenüber: „So
etwas lässt sich nur säkular regeln“, so der Ägyptologe. „Dieser Dialog sollte nicht
zwischen den Religionen, sondern Politikern, Philosophen und aufgeklärten Denkern
geführt werden.“ Im Mittelpunkt der Verständigung stehe die Fähigkeit, ausgehend von
seinen eigenen Wahrheitsansprüchen die Wahrheitsansprüche des anderen zu akzeptieren
und sich auf gemeinsame Regeln des Zusammenlebens zu einigen.