Die vatikanische Glaubenskongregation
hat über ihre Website und an diesem Dienstag über den Osservatore Romano die Übersetzung
einer Richtlinie zum Umgang mit übernatürlichen Phänomenen veröffentlicht. Der Präfekt
der Kongregation, Kardinal William Levada, erläutert in einem Artikel für die Vatikanzeitung
die Gründe für diesen Schritt. Zu den Aufgaben der Glaubenskongregation gehört
neben der Förderung und dem Schutz der Glaubenslehre auch die Beschäftigung mit Fragen
der Glaubenspraxis, etwa mit „Pseudo-Mystizismus, behaupteten Erscheinungen, Visionen
und Botschaften, denen ein übernatürlicher Ursprung zugeschrieben wird“, so Levada
in seinem Artikel. Bei diesen übernatürlichen Phänomenen geht es um die Beurteilungen
von Erscheinungen wie etwa der von Medjugorje, aber auch um private Offenbarungen
und Visionen.
Bereits 1978 wurden diese Normen zur Erfüllung dieser Aufgabe
veröffentlicht, allerdings ausschließlich auf Latein und an die Bischöfe gerichtet,
in deren Aufgabengebiet die Beurteilung solcher Phänomene falle. Man hoffe nun, durch
die Veröffentlichung einer offiziellen Übersetzung weitere Kreise wie etwa Theologen
und andere Experten ansprechen zu können, so Kardinal Levada.
Eine Aktualisierung
habe die Beschäftigung mit diesem Thema durch die Bischofssynode 2008 erfahren, die
sich mit dem Wort Gottes befasst hatte. Kardinal Levada betont, dass nach dem Wort
Jesu Christi die Offenbarung abgeschlossen sei. Davon seien Privatoffenbarungen zu
unterscheiden. Diese könnten der Offenbarung in Christus nichts hinzufügen, sondern
nur dazu dienen, sie in einem bestimmten historischen Kontext zu vertiefen: „Eine
Privatoffenbarung kann neue Akzente setzen, neue Weisen der Frömmigkeit herausstellen
oder alte vertiefen. Sie kann einen gewissen prophetischen Charakter besitzen (vgl.
1 Thess 5,19-21) und eine wertvolle Hilfe sein, das Evangelium in der jeweils
gegenwärtigen Stunde besser zu verstehen und zu leben. Sie ist eine Hilfe, die angeboten
wird, von der man aber nicht Gebrauch machen muss“, so Levada.
Die vorgestellten
Normen unterscheiden positive und negative Kriterien der Beurteilung. Positive Kriterien
sind die Fragen nach Wahrheit und geistlicher Reife der Erscheinung. Negativ fragen
die Kriterien nach psychischen Erkrankungen, Gewinnstreben oder unmoralischen Handlungen.
Als
zweiten Schritt legen die Normen die Vorgehensweise fest, nach der lokal zuständige
Autoritäten und später die Glaubenskongregation selber vorgehen sollen, um zu einem
Urteil über Erscheinungen und Visionen zu kommen. Die Normen sind auf Deutsch auf
der Seite der Glaubenskongregation nachlesbar.