Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat gegen Teile der umstrittenen Waldgesetznovelle
ihr Veto eingelegt. Das ist positiv für den Regenwald am Amazonas, denn die Präsidentin
will damit Ausnahmeregelungen für die Agrarlobby aushebeln, die Rodungen im großen
Stil weiterhin durchführen wollen. Roussefs Teilveto kommt kurz vor dem Rio+20 Gipfel,
der am 20. Juni in Rio de Janeiro startet. Das katholische Hilfswerk Misereor
und deren Partner aus den Südkontinenten fordern auch die deutsche Bundesregierung
auf, sich für die Menschenrechte als Grundlage einer „grünen Ökonomie“ einzusetzen.
Seit dem ersten Umweltgipfel in Rio 1992 hätten die jährlichen Treibhausgasemissionen
ebenso dramatisch zugenommen wie der Verlust der Artenvielfalt. Ressourcen wie fruchtbares
Land und Wasser würden in vielen Regionen weltweit immer knapper. Wir haben Nomabelu
Mvambo-Dandala, Direktorin der „Diakonia Council of Churches“ aus Südafrika, telefonisch
erreicht und gefragt, ob die Stimme der Kirche bei diesem Großereignis Einfluss auf
die Entscheidungen nehmen könne:
„Es ist auf dieser Ebene sehr schwierig,
die Stimme der Kirche stark erklingen zu lassen. Kirchenvertreter werden beim Gipfel
dabei sein, aber man muss bereits lange vorher mit der Arbeit anfangen, um die nationalen
Regierungen ins Boot zu holen, damit sie, wenn es dann zum Gipfel kommt, bereits auf
dem richtigen Weg sind und bereit sind, sich zu verpflichten und die richtige Entscheidung
zu treffen. Die Chancen, auf diesem Niveau etwas zu erreichen, sind leider sehr limitiert,
aber das heißt nicht, dass man überhaupt keine Informationsarbeit betreiben sollte.“
Im
Rahmen einer viertägigen „Speakers Tour“ zu Rio+20 mit dem Thema „Südperspektiven
auf nachhaltige und gerechte Entwicklung“ sprachen Misereor-Experten und Partner aus
dem Süden in Berlin und Brüssel mit politischen Vertretern der Bundesregierung und
der EU-Kommission. Auf die Frage, welche Erfolgsaussichten ihre Lobbyarbeit letztlich
habe, antwortet Mvambo-Dandala:
„Es ist schwer zu sagen, welchen Erfolg
wir mit unserer Informationsarbeit hatten, aber wir hatten die Möglichkeit, mit den
Politikern zu sprechen und unser Anliegen vorzutragen. Die raue Realität ist leider,
dass die Politiker vielleicht im Herzen mit uns einverstanden sind, aber sie sich
in einem wirtschaftlichen Paradigmensystem befinden, das sie zu einem unseren Anliegen
entgegen gesetzten Verhalten zwingt. Hoffentlich haben wir ihnen einigen Denkstoff
gegeben, der über den Gipfel hinaus in ihrem Gewissen weiter arbeitet und sie daran
erinnern wird, dass wir einen Paradigmenwechsel brauchen, denn das aktuelle wirtschaftliche
System hat einfach nicht die ersehnten Resultate gebracht.“
Hintergrund 1992
kamen in Rio Staats- und Regierungschefs zusammen, um Entwicklungsfragen in einem
Kontext von Umweltschutz und Ressourcenknappheit zu diskutieren. Diese Konferenz gilt
als Meilenstein für die Integration von Umwelt- und Entwicklungsbestrebungen, die
wichtige Ergebnisse wie die Agenda 21, die Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung
und Klimaschutzrichtlinien, nebst einer Reihe von Selbstverpflichtungen der Staaten
zum Umweltschutz, hervorgebracht hat. Zwanzig Jahre danach sollen nun wieder in Rio
die Errungenschaften der letzten Jahre überprüft und neue Weichen gestellt werden.