2012-05-24 11:02:55

Papst: „Die Konzilstexte wiederlesen“


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. ermuntert dazu, zum 50. Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils dessen Texte wieder zu lesen. Das sagte er an diesem Donnerstag der Italienischen Bischofskonferenz. Wenn man die Konzilsdokumente durch die Brille „der Kontinuität und der Reform“ lese und nicht durch die des „Bruchs“, dann könne die Kirche „eine Antwort auf die großen sozialen und kulturellen Umwälzungen unserer Zeit geben“. Diese Umwälzungen hätten allerdings „Folgen, die auch im religiösen Bereich sichtbar sind“, so der Papst, der das Konzil als Berater selbst miterlebt hat.

„Der Säkularismus wird zu einem Merkmal vor allem der Gesellschaften, die eine alte christliche Tradition haben. Dadurch wird das kulturelle Gewebe zerstört, das bis vor kurzem ein einigender Faktor war und die ganze menschliche Existenz zu umspannen vermochte. Auch ein fruchtbarer Boden kann irgendwann mal zur unwirtlichen Wüste werden, wo der gute Same erstickt, zertreten, verloren wird! Das zeigt sich am Rückgang in der religiösen Praxis, vor allem was das Beichtsakrament betrifft. Viele Getaufte kennen die wesentlichen Glaubensinhalte nicht mehr oder glauben, ohne kirchliche Vermittlung auszukommen. Manche lassen das Reich Gottes auf ein paar große Werte zusammenschnurren, die zwar etwas mit dem Evangelium zu tun haben, aber nicht den zentralen Kern des christlichen Glaubens betreffen.“

Doch das Reich Gottes „ist eine Gabe, die uns übersteigt“, so der Papst. Es sei, so zitierte er seinen Vorgänger, den Konzilspapst Johannes XXIII., „kein Konzept, kein Lehrgebäude, sondern vor allem eine Person, nämlich Jesus, das Bild des unsichtbaren Gottes“.

„Leider bleibt Gott aus dem Blickfeld vieler Menschen ausgeschlossen, und auch wenn das Reden über Gott nicht auf Gleichgültigkeit oder Verweigerung stößt, will man es doch in den Bereich des Subjektiven abdrängen, als ginge es da nur um etwas Intimes, Privates, das nichts mit dem öffentlichen Bewusstsein zu tun hätte. Von diesem Verlust, von dieser mangelnden Öffnung zum Transzendenten geht letztlich die Krise aus, die Europa schüttelt: Es ist eine spirituelle und moralische Krise. Der Mensch tut so, als hätte er eine Identität, die er sich ganz alleine basteln könnte.“

Um in einer solchen Lage das Reich Gottes zu verkünden, reichen nach Ansicht des Papstes „neue Evangelisierungsmethoden oder Pastoralaktionen“ nicht aus. Das Konzil zeige, dass man „neu von Gott ausgehen“ müsse. Nicht zufällig sei die erste Konstitution, die das Konzil beschloss, die über die Liturgie gewesen: Der Kult, so Benedikt, „orientiert den Menschen zu Gott hin und gibt Gott seinen Primat wieder“.

„In einer Zeit, in der Gott für viele der große Unbekannte und Jesus einfach eine große Persönlichkeit der Vergangenheit geworden ist, wird uns nur ein missionarischer Aufbruch gelingen, wenn wir die Qualität unseres Glaubens und unseres Betens erneuern. Wir werden nicht imstande sein, adäquate Antworten zu geben, wenn wir nicht neu offen werden für die Gnade. Wir werden die Menschen nicht fürs Evangelium zu gewinnen wissen, wenn wir nicht zuerst selbst zu einer tiefen Gotteserfahrung hin umkehren!“

Und genau diesem Ziel, so Benedikt, diene das von ihm ausgerufene „Jahr des Glaubens“. Es startet am 11. Oktober, zur Erinnerung an die Konzilseröffnung vor einem halben Jahrhundert. Er hoffe, dass die Katholiken sich die Fähigkeit neu aneigneten, „die Männer und Frauen unserer Zeit zu einer Beziehung mit Gott zu führen“. Ziel sei auch bei den Katholiken selbst ein „erwachsener, reifer Glaube“, der zu einem „Verstandes- und Handelnskriterium wird“ und „die ganze Existenz umfasst“.

(rv 24.05.2012 sk)







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