Libanon: Geistlicher Führer auf Weg zu Anti-Assad-Demonstration erschossen
Der Konflikt zwischen Unterstützern und Gegnern des syrischen Regimes hat in der Nacht
von Sonntag auf Montag auch auf Beirut übergegriffen, wo zwei Todesopfer zu beklagen
sind. Einer der Auslöser der Unruhen war die Tötung eines sunnitischen geistlichen
Führers, der sich offen gegen das Regime Assads ausgesprochen hatte. Scheich Ahmed
Abdul Wahed wurde zusammen mit seinem Assistenten Mohammad Hussein Merhebad an einem
Militärkontrollposten in der nördlichen Provinz Akkar nahe der Hafenstadt Tripolierschossen,
den er auf seiner Fahrt zu einer Demonstration gegen das syrische Regime passieren
musste. Unmittelbar nachdem die Tat bekannt wurde, sind Proteste in der gesamten Region
aufgeflammt. In der Nacht kam es im Stadtteil Tarik al-Dschadida im Westen Beiruts
zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen militanten Anhängern der anti-syrisch
positionierten Al Mustaqba-Partei und der dem Regime gegenüber positiv eingestellten
Bewegung Al Tayyar al Arabi, die neben zwei Menschenleben auch 18 Verletzte gefordert
haben. Die Geschicke des Libanons sind nach 29 Jahren Besatzung durch syrische Truppen,
die erst 2005 abgezogen wurden, immer noch eng mit den Geschehnissen in Syrien verbunden;
das Regime hat nach wie vor großen Einfluss bei politischen, wirtschaftlichen und
militärischen Fragen. Die Umstände des tödlichen Zwischenfalls, bei dem der Geistliche
erschossen wurde, waren am Dienstag noch nicht geklärt. Auf Anordnung eines Militärgerichts
wurden drei Offiziere und 19 Soldaten, die den Kontrollpunkt zum fraglichen Zeitpunkt
bemannt hatten, festgesetzt und verhört. Bereits eine Woche zuvor waren bei Kämpfen
zwischen sunnitischen Assad-Gegnern und alawitischen Anhängern des syrischen Regimes
in Tripoli mehrere Menschen getötet oder verletzt worden. (adnkronos 22.05.2012
cs)