2012-05-20 15:20:17

D: „Vertrauen im Dialog zurückgewinnen“


RealAudioMP3 Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK) und allgegenwärtig bei der Vorbereitung und Durchführung des Katholikentags, zieht eine positive Bilanz der katholischen Großveranstaltung. Sie sei „das Großforum des Dialogprozesses“ und gebe wichtige Impulse, die bei der nächsten offiziellen Dialogveranstaltung im September aufgenommen werden würden. Dringenden Handlungsbedarf sieht er insbesondere darin, das durch Vorfälle wie die Missbrauchsskandale enttäuschte Vertrauen der Gläubigen zurückzugewinnen, und bei Themen wie der Umgang mit wiederheirateten Geschiedenen nicht nur Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, sondern auch zu Ergebnissen zu kommen, um eine „Welle der Resignation“ zu vermeiden. Pater Bernd Hagenkord hat mit ihm in Mannheim gesprochen:

„Wir haben mit den Geschichten des sexuellen Missbrauchs unendlich viel Vertrauen verloren, nicht nur, aber insbesondere hier bei uns in Deutschland. Das ist eine Schockerfahrung in unserer Kirche, wenn auch eine heilsame. Es geht jetzt darum, wie man das Vertrauen zurückgewinnen kann. Vertrauen zurückgewinnen heißt, sich auf die Erfahrungen derer einzulassen, die das Vertrauen verloren haben, um dann zu überlegen, wie man Dinge anders gestalten kann.“

Was ist denn für Sie das Besondere an diesem Katholikentag?

„Das Besondere an diesem Katholikentag ist, dass er spürbar in eine Zeit fällt, in der Weichenstellungen unserer Kirche und der Gesellschaft erfolgen. Wir leben in einer Phase, in der sich Entwicklungen, die schon länger anhalten, verdichten, und damit Entscheidungsdruck entsteht. Kirchlich gesprochen etwa durch die Veränderung in der Verkündigung, aber auch gesellschaftlich, weil immer spürbarer wird, dass wir auf Dauer nicht weiter leben so wie wir jetzt leben, können wie das bisher geschah, weil diese Art von Leben nicht zukunftsfähig ist. Das spürt man auch hier auf dem Katholikentag – die Frage ist, wo geht die Reise jetzt wirklich hin? Das kann nicht nur die Fortschreibung des Bestehenden sein.“

Es gab ja auch immer wieder Konfliktthemen, die in Zeitungen und Medien verbreitet wurden, im Vorfeld aber auch während des Katholikentags selber, wie zum Beispiel die Rede von Bundestägspräsident Lammert – innerkirchliche Themen waren doch sehr stark in der Diskussion?

„Ja, die innerkirchlichen Themen sind natürlich sehr stark vertreten, sie werden momentan vielleicht auch in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen als Debatten über Kulturkonflikte oder über Themen der Gerechtigkeit und Umweltpolitik, weil die heute nicht mehr so kontrovers wie noch vor einigen Jahren in der Gesellschaft diskutiert werden. Der Mensch erlebt die Kirche in ihrem Erscheinungsbild über ihre Repräsentanten und wie Kirche sich darüber für den Einzelnen vermittelt. Deshalb sind diese strukturellen Fragen so wichtig, aber sie können natürlich kein Ersatz für die Inhalte sein. Umgekehrt, wenn die Kirche ihrer Sendung gerecht werden will, den Menschen in ihrer jeweiligen Zeit das Evangelium zu vermitteln und zugänglich zu machen, so muss das in einer derartigen Form geschehen, dass der Mensch dieser Zeit und der jeweiligen Lebenswelt und Kultur das auch verstehen und aufnehmen kann. Das gehört zusammen, so dass es aus unserer Sicht völlig falsch ist, da einen Gegensatz zu konstruieren. Nur Strukturdebatten sind fruchtlos. Diese anderen Fragen zu vernachlässigen, ist eine Selbstbespiegelung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass man mit theologischen Begründungen einen Weg sucht, sich nicht selbst kritisch reflektieren zu müssen und sich nicht damit auseinanderzusetzen, wie man von außen wahrgenommen wird.“


Der Katholikentag ist ja auch Teil des Dialogprozesses; er gehört in den Verlauf des Jahr des Glaubens, wie der Papst angesprochen hat, und sicherlich auch in die Vorbereitungen der Gedenkfeiern zum Zweiten Vatikanum. Das heißt er ist eingebunden und nicht einfach nur ein Solitär. Welche Rolle spielt er im Augenblick beim Dialogprozess?

„Er ist gewissermaßen das Großforum des Dialogprozesses. Der Katholikentag ist auch von den Bischöfen als wichtige Station des Dialogprozesses benannt worden. Es gibt Themen, die sich seit dem letzten Jahr gewissermaßen weiter entwickeln. Es ist immer mehr spürbar, dass Wege gesucht werden, beispielsweise das Thema geschiedene und wiederverheiratete Menschen befriedigender zu lösen. Erzbischof Zollitsch hat das ja auch im Vorfeld des Katholikentags nochmals geäußert. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Bischöfen, dass sie hier dringenden Handlungsbedarf sehen, auch wenn sie selbst noch nicht wissen, wie das gestaltet werden könnte. Aber allein wenn die Gläubigen spüren, dass hier nach einer Lösung gesucht wird, ist das schon sehr vertrauensstiftend. Es muss natürlich dann auch dazu kommen, dass wir nicht nur verständiger über die Situation sprechen, sondern wir brauchen auch Ergebnisse, sonst bekommen wir in ein paar Jahren eine Welle der Resignation.“

(rv 20.05.2012 ord)









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