2012-05-16 12:16:38

Griechenland: „Eurozone bei Austritt nicht gefährdet“


RealAudioMP3 Eine Woche nach der Parlamentswahl steht fest: Griechenland wird neu wählen. Der griechische Übergangsregierungschef Panagiotis Pikrammenos stellte am Donnerstag sein Kabinett vor, dass die Geschäfte während der kommenden Wochen bis zur Wahl am 17. Juni führen wird. Ein Austritt Athens aus der Eurozone wird nun noch wahrscheinlicher, sagt Stefan Lunte von der Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen ComECE im Interview mit dem Domradio Köln.

„Die Griechen haben sich mit 60 Prozent der abgegeben Stimmen gegen die Lösung des Memorandums ausgesprochen, mit dem Griechenland 170 Milliarden zugesichert wurden - gegen Einlösung des Versprechens, den Staatshaushalt drastisch zu sanieren. Das widerspricht der Tatsache, dass ebenfalls zwei von drei Griechen Euro-Land bleiben wollen. Beides geht nicht. Wenn es zu Neuwahlen kommt, spricht Vieles dafür, dass es noch mehr Euro-Gegner geben wird. Ein Austritt aus der Euro-Zone ist dann sehr wahrscheinlich.“

Entgegen der Panik, die noch vor zwei Jahren bei Ausbruch der Griechenlandkrise die Medien beherrscht hat, würde ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion der Gemeinschaft sicherlich nicht den Todesstoß versetzen:

„Die Eurozone steht heute besser da als noch vor zwei Jahren, als die Griechenland-Krise ausbrach. Man muss sich aber dennoch darauf einstellen, dass es Rückwirkungen über das Bankensystem gibt. Das ist dann wie eine heiße Kartoffel, die weitergereicht wird. Und die hat derjenige in der Hand, der den Kredit gegeben hat - wenn ein Staat seine Schulden nicht zahlt. Für einige Banken gibt es dann also sicherlich Schwierigkeiten, auch für einige Länder wie Spanien. Insgesamt aber würde ein Austritt zum jetzigen Zeitpunkt den Fortbestand die Euro-Zone nicht gefährden.“

Gefahr drohe bei einem Verlassen der Eurozone vor allem den Griechen selbst: in der Tat wachsen wegen der politisch unsicheren Lage die Ängste vor einer massiven Kapitalflucht. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Bankenkreise berichtet, seien während der dramatischen Verhandlungen über eine neue Regierung am Montag knapp 900 Millionen Euro abgehoben worden, ähnliche Summen wurden in den Tagen zuvor abgehoben oder ins Ausland transferiert. Ein Austritt aus der Eurozone und die Wiedereinführung der Drachme könnte zur Verarmung vieler Griechen führen:

„Guthaben - so vorhanden - würden in Drachen ausgezahlt, genau wie alle Leistungen des Staates. Nur würde die Drachme sofort immens an Wert verlieren, man rechnet mit 30 bis 40 Prozent gegenüber dem Euro. Und das würde tatsächlich eine Verarmung großer Teile der Bevölkerung bedeuten. Eine noch größere, als sie jetzt schon stattfindet. Aber so richtig kann man sich das gerade nicht ausmalen.“

Deutschland selbst würde mit einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit des Landes zwar einen Großteil seiner Kredite nicht zurückbezahlt bekommen. Vor allem auf dem Exportmarkt wären die Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone aber übersichtlich, so Lunte:

„Zunächst einmal würde es für deutsche Exporteure bedeuten, dass die Produkte, die man ausführen möchte, sich erheblich verteuerten, dass andererseits Dinge die man aus Griechenland importieren möchte, wesentlich billiger werden, was für Touristen natürlich eine Verbilligung ihrer Griechenlandreise bedeuten würde. Das wären die Konsequenzen, die Auswirkungen hielten sich vermutlich in Grenzen, da der Anteil des deutschen Außenhandels mit Griechenland in der Gesamtsumme des deutschen Außenhandels kaum ins Gewicht fällt.“

(domradio/rv 16.05.2012 cs)








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