Fisichella: „Glaubenskrise bereitet uns mehr Sorgen als Wirtschaftskrise“
Im Konzert der europäischen
Staaten gehört Italien zu jenen, die besonders tief in der Wirtschaftskrise stecken.
Auch Papst Benedikt hat bei seinem Besuch in der Toskana am vergangenen Sonntag darüber
gesprochen. Aber: Die Krise des Glaubens im Land bereitet dem Heiligen Stuhl erheblich
mehr Sorgen als die Krise der Wirtschaft. Das bekräftigte Erzbischof Rino Fisichella,
der den vatikanischen Rat für die Förderung der Neuevangelisierung leitet, im Gespräch
mit uns.
„Die Krise des Glaubens hat den Leuten viel Unsicherheit gebracht.
Und gerade dort, wo Menschen verunsichert sind, kommt es zu Gleichgültigkeit und den
verschiedenen Spielarten von Individualismus, die wir so oft in unserer Gesellschaft
beobachten, bis hin zu den verschiedenen Formen von Zynismus, die keinen ethischen
Maßstab mehr kennen. Genau dieses Fehlen von ethischen Maßstäben führte uns ja letztlich
in die tiefe Wirtschaftskrise, die aktuell die Welt im Griff hat.“
Die
Krise des Glaubens ist somit eine immense Herausforderung, der sich die Kirche jetzt
dringend stellen muss, wie Fisichella betont. Aus diesem Grund hat Papst Benedikt
ein Jahr des Glaubens ausgerufen und eine Bischofssynode zur Neuevangelisierung einberufen,
die beide im Oktober 2012 beginnen. Die Neuevangelisierung der „alten Welt“ sollte
in „drei konzentrischen Kreisen“ vonstattengehen gehen, sagt Fisichella.
„Zunächst
geht es um uns Christen selbst. Uns muss neu klar werden, welche Verantwortung wir
als Gläubige eigentlich tragen: Wir müssen unseren Glauben erneuern und ihn hinaustragen.
Der zweite Kreis besteht aus jenen Menschen, die gleichgültig und lau geworden sind,
die allzu leicht sagen: ich glaube, die aber nicht praktizieren. Ihnen ist gar nicht
klar, wie paradox das ist: Denn der Christ ist der, der am Leben der Kirche teilnimmt
und dieses Leben wirklich selber lebt. Wenn diese beiden Kreise ausgereift sind, dann
gibt es noch den dritten Kreis: Das sind jene, die noch ferner stehen, die sich aber
insgeheim noch wünschen, auf Menschen zu treffen, die die frohe Botschaft von der
Liebe Gottes zu verkünden wissen.“