Soldatenwallfahrt: „In Lourdes den Glauben erneuern“
Mit einem Gottesdienst
ist am Montag die 54. Internationale Soldatenwallfahrt in Lourdes zu Ende gegangen.
An der weltweit größten Pilgerfahrt für Militärangehörige nahmen rund 13.000 Armeemitglieder
aus mehr als 30 Nationen teil, darunter etwa 450 deutsche Soldaten. Christine Seuß
war für uns vor Ort.
Nehmt Frieden in euer Herz und euren Alltag auf – mit
diesem Appell hatte sich der Papst zur Eröffnung der Wallfahrt an die Soldaten gewandt.
In dem päpstlichen Schreiben, das bei der Eröffnungszeremonie in Lourdes verlesen
wurde, vertraute Benedikt XVI. alle Pilger, darunter auch die Kranken und ihre Familien,
der Fürsprache der Heiligen Jungfrau Maria an. Die erste internationale Soldatenwallfahrt
nach Lourdes fand 1958 statt; Soldaten aus ehemals verfeindeten Ländern sollten in
Lourdes Versöhnung, Gemeinschaft und Heilung erfahren. Pater Blaise Rebotier ist der
Direktor und Koordinator der internationalen Delegationen, die in diesem Jahr nach
Lourdes gereist sind. Er sagt gegenüber Radio Vatikan:
„Diese Wallfahrt
ist nach dem zweiten Weltkrieg entstanden und gründet sich auf den Frieden der Nationen.
Die Menschen, die hierhin kommen, arbeiten für den Frieden. Die Soldatinnen und Soldaten
brauchen den Frieden und sie können ihn erkennen, denn sie haben bei ihren Erfahrungen
gesehen, wie groß das Böse sein kann. So viel, wie es Böses gibt auf der Welt, so
viel Frieden und Versöhnung braucht man.“
Viele der Soldaten, die heute
nach Lourdes pilgern, waren in Afghanistan, im Irak oder in Bosnien-Herzegowina im
Einsatz. Ihnen lasten Gewalt – und Todeserfahrungen auch Jahre später noch auf der
Seele; nicht wenige von ihnen haben selbst Menschen getötet. Diese Pilger haben besondere
Erwartungen an einen Besuch in der Grotte von Lourdes, wo der französischen Ordensschwester
und Heiligen Bernadette Soubirous als Mädchen vor über 150 Jahren die Heilige Jungfrau
erschien:
„Es ist eine Möglichkeit, jedes Jahr meinen Glauben ,upzudaten’,
diese Spiritualität mit den vielen hier vertretenen Nationen zu erleben und mit vielen
Menschen Gespräche zu führen: das ist für mich gelebte Völkerverständigung. Daran
sieht man dann auch, wie vielfältig die katholische Kirche ist“, sagt Major Frank
Hauenstein, der 2012 das sechste Jahr in Folge an der Wallfahrt teilnimmt und dort
Kranke betreut, die nach Lourdes pilgern. Der Kontakt mit Kranken mache ihn selbst
demütig, so Hauenstein: „Dann bin ich auch wieder dankbar dafür, wie gut es mir
und meiner Familie geht. Es ist mir bewusst, dass man das als Geschenk betrachten
muss, denn das kann sich ganz schnell ändern.“
Der Einsatz von Gewalt bringt
„Tod, Verletzung, Zerstörung, Verstümmelung und ungeahntes Leid mit sich“ – der katholische
Militärbischof Franz-Josef Overbeck, der mit rund 450 Soldaten aus Deutschland nach
Lourdes gereist war, nannte in seiner Predigt am Samstag die Schrecken des Krieges
klar beim Namen. Gewalt bei Militäreinsätzen müsse vor diesem Hintergrund „letztes
Mittel“ in einem langen Prozess der Gewissensentscheidung sein und bleiben, stellte
Overbeck klar – eingesetzt nur, um andere Menschen „vor fremder Willkür“ zu schützen.
Wesentliche Aufgabe der Kirche und des Glaubens seien hier neben Seelsorge die Gewissensbildung,
so Overbeck:
„Gewissensbildung, die den Soldatinnen und Soldaten im Konfliktfall
hilft, eine unter diesen Zielen zu bestimmende Gewissensentscheidung auch zu fällen
und zu treffen, die ihnen ja niemand abnehmen kann. Dass die Folgen einer solcher
Entscheidung sehr belastend sein können und das ganze Leben bedrücken, das ist so
und wird auch immer so bleiben.“
Eine Pilgerfahrt nach Lourdes mit Religion
als verbindendem Element kann zur Belebung des Glaubens beitragen, so Overbeck weiter.
Es sei spürbar, dass die Soldaten durch die Erfahrung der Gemeinschaft wieder erstarkt
in ihren Dienst oder Alltag zurückgehen können. Das bestätigt auch der ehemalige Soldat
Andre Wetter, der sich bei einem missglückten Fallschirmsprung vor drei Jahren mehrere
Halswirbel brach:
„Ich war bzw. bin mit Leib und Seele Soldat und würde
alles wieder so machen. Meine Besuche in Lourdes ist auf Initiative eines guten Kameraden
zustande gekommen. Es hat mich so beeindruckt, dass ich mich geärgert habe, das nicht
schon als gesunder Mensch gemacht zu haben. Ich war zunächst skeptisch, habe aber
gemerkt, dass ich hier ,meinen Akku aufladen’ kann und aus meinem Alltag rauskomme.“
Parallelen
zwischen der militärischen und religiösen Pflicht sieht der kanadische Kurienkardinal
Marc Ouellet, der in diesem Jahr auch nach Lourdes gereist ist.
„Man muss
auch aus Liebe und als Gläubiger Soldat sein. Ich würde sagen, es gibt eine Affinität
zwischen dem religiösen und dem militärischen Weg: den Sinn für einen Auftrag, für
den Gehorsam, Gehorsam gegenüber Gott. Und es gibt auch eine Arbeit für den Frieden:
Man ist dazu verpflichtet, die Waffen nicht um ihrer selbst willen zu gebrauchen,
sondern weil man einen Auftrag zu erfüllen hat, das eigene Land oder andere Menschen
beschützen muss. Hier ist die Evangelisierung der Soldaten sehr wichtig.“
Soldaten
aus 30 Nationen waren am vergangenen Wochenende zur 54. Internationalen Soldatenwallfahrt
versammelt. Sie stand unter dem Motto „Ave Maria - Königin des Friedens“.