Papst in der Toskana: „Kirche braucht engagierte Laien“
Papst Benedikt XVI.
ruft die Katholiken zu mehr Engagement für das Gemeinwohl auf. Am Sonntag Abend besuchte
er die Kleinstadt Sansepolcro in der Toskana; sie wurde vor genau tausend Jahren von
Jerusalem-Pilgern gegründet. In seiner Ansprache in Sansepolcro rief der Papst nach
einer Erneuerung der „öffentlichen Ethik“. Es gelte, solide Motivationen für ein politisches
Engagement wiederzuentdecken.
„Es ist heute ganz besonders nötig, dass sich
der Dienst der Kirche an der Welt durch gläubige und erleuchtete Laien ausdrückt,
die fähig sind, im Innern der Stadt des Menschen zu arbeiten – mit dem Willen, einen
Dienst zu leisten, der über das Privatinteresse oder die Anliegen bestimmter gesellschaftlicher
Gruppen hinausgeht. Das Gemeinwohl zählt mehr als das Wohl des Einzelnen, und auch
die Christen müssen ihren Beitrag leisten zur Entstehung einer neuen öffentlichen
Ethik!“
Italienische Medien deuten die Papstworte als in erster Linie an
die italienische Politik gerichtet. Kommunalwahlen in verschiedenen Teilen des Landes
haben vor einer Woche den rapiden Vertrauensverlust der Parteien in Italien belegt.
„Dem
Misstrauen allem politischen und sozialen Einsatz sollten die Christen, vor allem
die jungen Leute, das Engagement und die Liebe zur Verantwortung entgegensetzen –
angetrieben von der Caritas des Evangeliums, die dazu drängt, sich nicht in sich selbst
zu verschließen, sondern Verantwortung für die anderen zu übernehmen. Ich rufe die
jungen Leute auf, in großen Maßstäben zu denken: Habt Mut und wagt etwas! Seid dazu
bereit, der ganzen Zivilgesellschaft einen neuen Geschmack zu geben, mit dem Salz
der Ehrlichkeit und des uneigennützigen Einsatzes für andere. Es gilt, solide Motivationen
für den Dienst am Gemeinwohl wiederzufinden.“
Am Sonntagmorgen hatte der
Papst einen Gottesdienst in Arezzo gefeiert. Unter den 40.000 Teilnehmern war auch
der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der derzeit schmerzhafte Reformen
durchführt. In seiner Predigt in Arezzo hatte Benedikt XVI. sich besorgt über die
Folgen der Wirtschaftskrise in Italien gezeigt. Wegen schlechten Wetters musste der
Papst am Sonntag Nachmittag einen Besuch im Franziskaner-Wallfahrtsort La Verna absagen.
Doch der Vatikan veröffentlichte den Text der Rede, die er dort halten wollte. Darin
zitiert Benedikt den heiligen Bonaventura, über den er einst in München seine Doktorarbeit
geschrieben hat. Wörtlich heißt es in dem Text: „Die Demut ist die Tür zu jedweder
Tugend. Denn nicht durch den intellektuellen Stolz der in sich selbst verschlossenen
Suche erreichen wir Gott, sondern mit der Demut.“
Es war die erste Visite
Benedikts in der Toskana als Papst – darum durfte auch ein Auftritt der traditionellen
Fahnenschwenker nicht fehlen. Ihnen sagte der Papst in einem improvisierten Grußwort:
„Wer imstande ist, die Kultur der Vergangenheit so perfekt gegenwärtig
zu machen, der kann auch Kultur für die Zukunft eröffnen, weil er den Menschen kennt
und liebt. Die große Würde des Menschen aber besteht darin, dass er nicht nur Mensch
ist, sondern auch Abbild Gottes. Und diese Würde des Menschen verpflichtet uns einerseits,
aber sie tröstet und ermutigt uns auch: Wenn wir wirklich Abbilder Gottes sind, dann
sind wir auch imstande, vorwärtszugehen, die Probleme der Gegenwart zu überwinden
und Wege in eine neue Zukunft aufzutun!“