Vatikan/Österreich: Kein Individualisierungswahn bei der Katechese
Ein Katechese-Kongress
über die Hinführung zur katholischen Kirche ist an diesem Donnerstag in Rom zu Ende
gegangen. Im speziellen ging es um Religionsunterweisung für Kinder und Jugendliche.
Bischöfe, Pastoralfachleute und Laien aus mehr als 30 Ländern Europas berieten darüber,
mit welchen Methoden man vor allem junge Leute in den Glauben einführen kann. Dass
das Thema gerade in unserer heutigen individualistischen Welt nicht frei von Spannungen
ist, hat uns auch der Vorsitzende des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen COMECE,
Kardinal Peter Erdö, am Rand einer Pressekonferenz bestätigt:
„Individualismus
ist in der Katechese fehl am Platz. Wir sollten nicht unsere persönliche Meinung weitergeben,
denn das wäre ja kein Katechismus. Vielmehr sind wir dazu verpflichtet, den Glauben
der Kirche zu vermitteln, also Zeugnis über Christus abzulegen. In diesem Sinne folgt
die Kirche in der Funktion den Aposteln, so dass wir in organischer Einheit mit unserer
Vergangenheit sind.“
Allerdings sei die gute Nachricht an Zeitgenossen
von heute zu übermitteln, in einer heutigen Sprache. Kardinal Erdö hält das für eine
besondere Herausforderung, für eine „ewige Spannung“:
„Einerseits müssen
wir den Menschen die Fülle unseres Glaubens, und nicht nur von uns ausgewählte Teile
daraus, vermitteln, andererseits müssen wir das in unserer oder in einer anderen Kultur
dem Menschen von heute vermitteln. Das ist ein ewiges Problem, bei dem es immer eine
Spannung gibt, und man muss sich anstrengen, diesen doppelten Kriterien zu entsprechen.“
Diese
Individualisierung, die sich auch in der Katechese niederschlägt, müsse und könne
aber auch durch Gemeinsamkeit überwunden werden, ist sich Walter Krieger vom Österreichischen
Pastoralinstitut sicher.
„Eigentlich geschieht die Katechese in jeder Pfarre
unterschiedlich und mittlerweile sogar gegenüber jeder einzelnen Person. Die Individualisierung,
in der wir uns befinden, ist sehr radikal geworden, aber die Grundfragen sind in allen
Ländern dieselben. Das Empfinden der Menschen in den westlichen Gesellschaften, und
auch immer mehr in den Gesellschaften Osteuropas, ist sehr ähnlich: das Freiheitsbewusstsein,
die Suche nach Pragmatik und das Streben nach Wohlstand, dann auch die Frage, wo Gott
in der Gesellschaft überhaupt noch relevant ist, das sind ähnliche Fragen, die wir
alle haben.“
Während des Kongresses wurden Umfrageergebnisse vorgestellt,
die die Verantwortung der Familie für die religiöse Sozialisation betonten. Krieger
sieht in dieser Umfrage auch die Situation in Österreich aufs Treffendste abgebildet:
„Es
handelt sich zwar nicht um eine repräsentative Umfrage, aber sie trifft auf Österreich
zu hundert Prozent zu. Es hat sich bei der Umfrage in Österreich herauskristallisiert,
dass die Ergebnisse absolut im gleichen Trend liegen wie in allen anderen europäischen
Ländern, und das heißt, dass Kinder und Jugendliche zu hundert Prozent durch die Familie
und die Eltern zum Glauben finden. Dann gibt es natürlich noch andere Bestärkungen
im Glauben, die sehr wichtig sind, zum Beispiel Gruppen Gleichaltriger oder Ereignisse,
die positiv erlebt werden im Zusammenhang mit christlicher Bewegung, Weltjugendtag,
Camps und andere.“
Walter Krieger ist Generalsekretär des Österreichischen
Pastoralinstituts und war mitverantwortlich für die Abfassung der am vergangenen Samstag
erschienenen jüngsten Publikation der Österreichischen Bischofskonferenz, „Verkündigung
und neue Evangelisierung in der Welt von heute“. Er freut sich besonders darüber,
dass das Dokument in der Diskussion des Kongresses bereits stark aufgenommen wurde,
und ist sich sicher, dass es auch als Beispiel für die Vertreter der anderen nationalen
Pastoralbüros dienen kann:
„Das Dokument liegt ganz auf der Linie des katechetischen
Direktoriums, Evangelii nuntiandi und Catechesi tradendae sind stark adaptiert, und
auch Worte von Papst Benedikt XVI haben natürlich Eingang gefunden. Es finden sich
auch starke Inspirationen von den französischen und deutschen Bischöfen, aber ebenso
aus einem Dokument aus den Niederlanden. Gleichzeitig, nachdem es erst vor Kurzem
erschienen ist, beinhaltet es natürlich viel von der aktuellen Diskussion in Pastoral
und Katechese; und da sind wir wohl etwas neuer, oder sogar noch mehr am Puls der
Zeit. Beispielsweise ist es wohl das erste Dokument, das bewusst auf Neuevangelisierung
eingeht, seit der Päpstliche Rat für Neuevangelisierung gegründet wurde.“
Krieger
zeigt sich besonders beeindruckt über die Atmosphäre bei dem Kongress in Rom.
„Das
sehr familiäre, freundschaftliche Klima bei dieser internationalen Begegnung: Ich
denke, es sind Menschen aus über 20 europäischen Ländern hier, Priester, Laien, Bischöfe,
also eine große Palette von unterschiedlichen Persönlichkeiten, die sich hier zusammenfinden
und eigentlich alle Ähnliches wollen und gut miteinander auskommen. Dass es sicher
auch manche unterschiedliche Positionen und Sichtweisen gibt, ist sehr gut eingebettet
in diese Gemeinsamkeit, dass der Kongress auch ein Glaubenserlebnis ist.“
Als
Beispiel für diese unterschiedliche Positionen nennt Krieger uns den vieldiskutierten
Youcat, also den flotten, handlichen Katechismus für Jugendliche ab 17 Jahren, der
vergangenes Jahr in Wien vorgestellt wurde:
„Es gibt Menschen, die meinen,
wir haben jetzt den Youcat, und damit sind alle unsere Probleme gelöst. Dabei übersieht
man aber eigentlich, wo er wirklich steht, er ist nämlich nur ein Hilfsmittel der
Katechese, die schon eine Grundentscheidung für den Glauben voraussetzt. Der Youcat
setzt auch ein gewissen Verständnis beim Lesen der Inhalte voraus. Man hat damals
bei der Präsentation in Wien gesagt, er wäre geeignet für Jugendliche ab 17 Jahren.
So muss man ihn auch sehen und nützen können, sonst kann es sein, dass man es zwar
gut meint, ihn Firmlingen zu schenken, die 13/14 Jahre alt sind, aber das könnte auch
kontraproduktiv sein, weil diese Jugendlichen ihn nicht verstehen. Die allerwenigsten
werden sich aber später nochmals damit befassen, wenn sie das richtige Alter erreicht
haben. So könnte also sein, dass man es zwar gut gemeint hat, aber etwas voreilig
doch etwas verhindert hat, das erst später hätte gut werden können.“
Krieger
geht auch auf die vieldiskutierte österreichische Pfarrer-Initiative und deren „Aufruf
zum Ungehorsam“ ein. Er will den Mitgliedern der Initiative, wie auch Papst Benedikt
XVI. in seiner Gründonnerstagspredigt durchscheinen ließ, keinesfalls den guten Willen
absprechen, etwas für die gemeinsame Kirche zu tun:
„Die Initiative greift
viele Dinge auf, die sehr real sind, und das ist ernst zu nehmen. Es ist wichtig,
hier in Dialog zu sein und zu bleiben. Ich denke, dass diese Probleme und Fragen in
anderen Ländern durchaus relevant sind, aber nicht auf diese Art ausgedrückt und aufgespielt
werden. Vielleicht hat dabei ein bisschen die Rolle der österreichischen Medien, die
die Dinge sehr gerne aufgreifen, mitgeholfen. Allerdings muss ich wirklich sagen,
dass man sich von allen Seiten um Fairness in der Auseinandersetzung bemüht, wenngleich
die Positionen etwas festgefahren erscheinen. Aber das grundsätzliche gemeinsame Miteinander,
für die Kirche das Beste zu wollen, ist von allen Seiten zu spüren.“
Dabei
lässt Krieger durchblicken, dass er sich eine Lösung einiger der von der Pfarrerinitiative
angesprochenen Themenfelder wünschen würde, da gewisse Fragen wiederholt und mit unterschiedlicher
Intensität immer wieder angesprochen werden:
„Insbesondere im Hinblick auf
Wiederverheiratete Geschiedene würde ich mir eine Lösung wünschen, da sind die Meinungsunterschiede
ja eher gering. Anderes ist natürlich eine Belastung, aber wie in jeder Familie gibt
es unterschiedliche Auffassungen, und man muss mit Belastungen leben können. Das gehört
irgendwie zur Liebe zum Anderen und zur Kirche dazu, mit Dingen umgehen zu können,
an denen man leidet. Es ist manchmal nicht leicht, Leid positiv auszuhalten; aber
manchmal ist es eine Voraussetzung für Loyalität.“