Spanien: Tore schießen gegen Jugendarbeitslosigkeit
„Schieß ein Tor gegen
die Arbeitslosigkeit!“ Unter diesem Motto versuchen die Caritas von Barcelona und
der berühmte Fußballclub der Stadt junge Leute an den Arbeitsmarkt heranzuführen.
Die Idee kam dem Kardinal von Barcelona, Lluís Martínez Sistach, als er unlängst
sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum feierte: „Da dachte ich, eigentlich brauche
ich keine Geschenke, ich habe doch schon alles. Wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt,
dann helft doch lieber Jugendlichen – die sind nämlich mittlerweile zu mehr als fünfzig
Prozent in ganz Spanien arbeitslos.“ Die höchste Arbeitslosenquote in der ganzen EU
– sie macht sich auch in der eigentlich wohlhabenden katalonischen Hauptstadt bemerkbar.
„Wir haben also mit der Caritas von Barcelona ein Projekt aufgezogen, das tausend
Jugendlichen zugutekommen soll. Aber das Problem war: Wie machen wir so etwas bekannt?
Sollen wir uns mit einem Lautsprecher auf die Plaza de Cataluna stellen und das ausrufen?“
Der Kardinal hatte schließlich eine bessere Idee: Wir fragen mal den FC Barcelona,
kurz „Barca“, und den zweiten Fußballclub der Stadt, den „RCD Espanyol“, ob die mitmachen.
„Die haben dann meine Erwartungen weit übertroffen: Die beiden Club-Präsidenten sagten
mir eine Werbekampagne zu, ein Logo, Plakate... Wir haben eine Pressekonferenz gemacht,
auf der es sehr viele Fotoreporter und Kameras gab.“ Am 2. Mai, beim Spiel gegen Málaga,
liefen die „Barca“-Spieler mit einem Transparent gegen Jugendarbeitslosigkeit ins
Stadion ein. „Und jetzt hat der Barca schon Zeitverträge mit fünfzig arbeitslosen
Jugendlichen abgeschlossen, die wird der Club jetzt eine Weile beschäftigen, und das
können die dann in ihren Lebenslauf schreiben: Wir hatten schon einen Arbeitsplatz,
beim FC Barcelona!“ Denn so funktioniert die Idee: Jugendliche, die sozial am
Rand stehen, die keine ordentliche Ausbildung vorweisen können, sollen mit kirchlichen
Geldern eine Weile bei einem Fußballclub unterkommen, um dann mehr Chancen am Arbeitsmarkt
zu haben. Was genau die jungen Leute für den Fußballverband machen, weiß der 75-jährige
Kardinal allerdings auch nicht: „Ich gehe nur selten zu einem Fußballspiel – eher
zum Barca, seltener zum Espanyol. Aber jedes Mal wenn ich dahingehe, sehe ich viele
junge Leute, die im Stadion aushelfen, als Ordner zum Beispiel. Ich vermute, dass
es da um solche Arbeiten geht.“ Die Kirche, so beteuert Kardinal Sistach im Gespräch
mit dem kirchlichen spanischen Radio Cope, sieht die hohe Jugendarbeitslosigkeit mit
großer Sorge. „Arbeit ist unbedingt nötig für die Selbstverwirklichung der Menschen,
und damit sie und ihre Familien leben können! Unter all denen, die zur Caritas kommen
und um Hilfe bitten, bittet die Mehrzahl um eine Arbeit. Die wollen nicht Almosen,
die wollen sich selbst unterhalten können.“ Doch die anhaltende Wirtschaftskrise sorgt
dafür, dass auch unter dem neuen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy mehr als fünf Millionen
Spanier keinen Arbeitsplatz haben – das ist fast ein Viertel der – sogenannten – aktiven
Bevölkerung. „Das ist bestimmt eine sehr komplizierte Sache, aber ich habe doch den
Eindruck, dass der Staat da viel mehr tun könnte: Alle Parteien, Gewerkschaften und
Arbeitgeber müssten sich zusammen um eine Lösung bemühen!“ Die Kirche engagiere sich
in Spanien sehr für Arbeitslose – über Pfarreien, Caritas und Verbände, berichtet
der Kardinal: „Allein unser Erzbistum gibt jede Woche 140.000 Menschen etwas zu essen.
Wer sich mal genauer in Pfarrhäusern oder Kirchen umguckt, der sieht schnell mal Lebensmittelkisten,
zum Beispiel hinter einem Vorhang gleich hinterm Hauptaltar, weil sonst nirgendwo
Platz ist.“