2012-05-07 11:22:34

Spanien: Tore schießen gegen Jugendarbeitslosigkeit


RealAudioMP3 „Schieß ein Tor gegen die Arbeitslosigkeit!“ Unter diesem Motto versuchen die Caritas von Barcelona und der berühmte Fußballclub der Stadt junge Leute an den Arbeitsmarkt heranzuführen.
Die Idee kam dem Kardinal von Barcelona, Lluís Martínez Sistach, als er unlängst sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum feierte: „Da dachte ich, eigentlich brauche ich keine Geschenke, ich habe doch schon alles. Wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, dann helft doch lieber Jugendlichen – die sind nämlich mittlerweile zu mehr als fünfzig Prozent in ganz Spanien arbeitslos.“ Die höchste Arbeitslosenquote in der ganzen EU – sie macht sich auch in der eigentlich wohlhabenden katalonischen Hauptstadt bemerkbar. „Wir haben also mit der Caritas von Barcelona ein Projekt aufgezogen, das tausend Jugendlichen zugutekommen soll. Aber das Problem war: Wie machen wir so etwas bekannt? Sollen wir uns mit einem Lautsprecher auf die Plaza de Cataluna stellen und das ausrufen?“
Der Kardinal hatte schließlich eine bessere Idee: Wir fragen mal den FC Barcelona, kurz „Barca“, und den zweiten Fußballclub der Stadt, den „RCD Espanyol“, ob die mitmachen. „Die haben dann meine Erwartungen weit übertroffen: Die beiden Club-Präsidenten sagten mir eine Werbekampagne zu, ein Logo, Plakate... Wir haben eine Pressekonferenz gemacht, auf der es sehr viele Fotoreporter und Kameras gab.“ Am 2. Mai, beim Spiel gegen Málaga, liefen die „Barca“-Spieler mit einem Transparent gegen Jugendarbeitslosigkeit ins Stadion ein. „Und jetzt hat der Barca schon Zeitverträge mit fünfzig arbeitslosen Jugendlichen abgeschlossen, die wird der Club jetzt eine Weile beschäftigen, und das können die dann in ihren Lebenslauf schreiben: Wir hatten schon einen Arbeitsplatz, beim FC Barcelona!“
Denn so funktioniert die Idee: Jugendliche, die sozial am Rand stehen, die keine ordentliche Ausbildung vorweisen können, sollen mit kirchlichen Geldern eine Weile bei einem Fußballclub unterkommen, um dann mehr Chancen am Arbeitsmarkt zu haben. Was genau die jungen Leute für den Fußballverband machen, weiß der 75-jährige Kardinal allerdings auch nicht: „Ich gehe nur selten zu einem Fußballspiel – eher zum Barca, seltener zum Espanyol. Aber jedes Mal wenn ich dahingehe, sehe ich viele junge Leute, die im Stadion aushelfen, als Ordner zum Beispiel. Ich vermute, dass es da um solche Arbeiten geht.“
Die Kirche, so beteuert Kardinal Sistach im Gespräch mit dem kirchlichen spanischen Radio Cope, sieht die hohe Jugendarbeitslosigkeit mit großer Sorge. „Arbeit ist unbedingt nötig für die Selbstverwirklichung der Menschen, und damit sie und ihre Familien leben können! Unter all denen, die zur Caritas kommen und um Hilfe bitten, bittet die Mehrzahl um eine Arbeit. Die wollen nicht Almosen, die wollen sich selbst unterhalten können.“ Doch die anhaltende Wirtschaftskrise sorgt dafür, dass auch unter dem neuen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy mehr als fünf Millionen Spanier keinen Arbeitsplatz haben – das ist fast ein Viertel der – sogenannten – aktiven Bevölkerung. „Das ist bestimmt eine sehr komplizierte Sache, aber ich habe doch den Eindruck, dass der Staat da viel mehr tun könnte: Alle Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeber müssten sich zusammen um eine Lösung bemühen!“ Die Kirche engagiere sich in Spanien sehr für Arbeitslose – über Pfarreien, Caritas und Verbände, berichtet der Kardinal: „Allein unser Erzbistum gibt jede Woche 140.000 Menschen etwas zu essen. Wer sich mal genauer in Pfarrhäusern oder Kirchen umguckt, der sieht schnell mal Lebensmittelkisten, zum Beispiel hinter einem Vorhang gleich hinterm Hauptaltar, weil sonst nirgendwo Platz ist.“

(rv 07.05.2012 sk)








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