YOUCAT-Institut in Augsburg: Wie kommt Gott ins Netz?
Wie sag’ ich’s meinen
Kindern? Für Christen, die den Glauben weitergeben wollen, stellt sich diese Frage
bedrängender denn je, denn die Welten der Kommunikation driften immer mehr auseinander. Gerade
erst wieder wird das durch eine Studie bestätigt, die vom Sinus-Institut herausgegeben
wurde. So verschieden die Lebenswelten der nachwachsenden Generation sind, so identisch
ist ihre Einstellung zu Glaube und Kirche: Sie begegnen ihnen einfach nicht, Glaube,
Gott und Kirche kommen nicht vor. Jugendliche bewegen sich in der digitalen Welt,
sie nutzen Foren und Facebook, leben im Augenblick des Internets und nutzen nicht
mehr die Wege, die für andere Generationen noch selbstverständlich waren oder sind. Wenn
im Vatikan im Oktober die Bischöfe der ganzen Welt über das Thema der Verkündigung
in der modernen Welt, die Neuevangelisierung, sprechen, dann wird das ein sehr prominentes
Thema sein müssen. Am vergangenen Wochenende machten sich Fachleute im Stift Heiligenkreuz
Gedanken darüber, wie man sich der Verkündigung unter den digitalen Bedingungen zuwenden
könne. Erst einmal müsse man die Realität ins Auge fassen, so Erzbischof Claudio Maria
Celli, im Vatikan zuständig für die sozialen Kommunikationsmittel. Und diese Realität
sei wenig tröstlich:
„Wenn man sich die Diözesen in der Welt anschaut, stellt
man fest, das nur etwa 50% eine eigene Webseite haben. Hier in Österreich hat jedes
Bistum eine, das stimmt, aber ich darf doch sagen, dass das meistens alte Webseiten
sind: Das ist das „Web 1“, in dem der Name des Bischofs, des Generalvikars und der
Mitarbeiter genannt werden. Wenn der Bischof aktiv ist, dann stellt er auch seine
Predigten ins Netz. Aber wer liest schon die Predigt eines Bischofs? Und
selbst das machen nur 50% der Bistümer. Die moderne Welt läuft schon mit „Web 2“,
man spricht schon über das Web 3, und unsere aktiveren Menschen sind immer noch im
Web 1.“
Zu dieser inneren Kluft, dem technischen Hinterherlaufen, tritt
noch eine zweite: Die Kluft zwischen den „digital natives", also jenen Internetnutzern,
die ihr christliches Lebenszeugnis im Netz leben, und jenen, die „als sozial und ökonomisch
Marginalisierte" keinen Zugang zum Netz haben, werde größer, so Celli. Aber selbst
diejenigen, die Zugang hätten, würden das Internet vernachlässigen.
„Gehen
wir mal der Frage nach, wer Jesus ist. Einer nicht mehr ganz neuen Zählung nach gibt
es im Netz dazu 281 Millionen Antworten. Heute wird es noch mehr geben, sicherlich
mehr als 300 Millionen Antworten auf die Internetsuche „Wer ist Jesus?“ Wenn ich im
Netz etwas suche, bleibe ich normalerweise bei den ersten fünf Ergebnissen, maximal
bei den ersten zehn. Wir brauchen mehr katholische Seiten in den Top 10! Es
gibt darunter eine islamische Antwort auf die Frage, wer Jesus ist. Sie
lachen, aber ich lache da nicht mehr. Wir überlassen es islamischen Organisationen,
eine Antwort auf die Frage, wer Jesus ist, zu geben. Und wir Katholiken sind nicht
präsent.“
Kein Platz also für katholische Selbstüberschätzung, ein ganzer
Kommunikationsraum liegt brach. Ganz brach? Nein, immer wieder gibt es Initiativen,
die sich den neuen Verkündigungswegen widmen. Ein Projekt, das für sich damit wirbt,
eine „Marke“ zu sein, die für eine neue Form der Verkündigung stehe, ist der YOUCAT.
Zuerst ein Buch und ein Katechismus für Jugendliche, dann auch ein Gebetbuch, ist
es bald auch ins Internet gegangen, hat einen Blog, ist bei Facebook präsent und auch
sonst sehr netzaffin. Am Freitagabend hat Bischof Konrad Zdarsa in Augsburg das YOUCAT
Zentrum eröffnet, ganz ‚real’ und nicht nur ‚virtuell’. Stefan Ahrens ist Mitarbeiter
dort und zuständig für die Vernetzung des Projektes mit dem Internet. Radio Vatikan
hat ihn gefragt, was die Kirche in Sachen Verkündigung im Internet von Projekten wie
dem seinen lernen kann.
„Was man zuerst vielleicht lernen kann ist, dass
man mit relativ wenigen Mitteln ins Internet gehen kann und auch mit wenigen Mitteln
Menschen erreichen kann. Im August 2011 sind wir mit dem YOUCAT online gegangen, wir
haben die internationale Hompage youcat.org ins Leben gerufen, die mittlerweile in
acht Sprachen online ist. Außerdem sind wir auf Facebook altiv und haben eine eigene
YOUCAT Gruppe, in der etwa 27.000 User Mitglied sind. Angegliedert an diese Hauptgruppe
auf Facebook sind so genannte „Study Groups“, d.h. es gibt Gruppen, in denen sich
Jugendliche in Gruppen treffen, un in denen Sie über den Glauben sprechen. Wir
haben seit August letzten Jahres über 170 Study Groups bei Facebook freigeschaltet
– das waren immer Jugendliche, die sich bei uns gemeldet haben, um eine solche Gruppe
zu gründen. Da wird sehr lebendig über den Glauben gesprochen und auch mal
kontrovers diskutiert. Wir haben mit sehr wenigen Mitteln sehr viele Leute erreichen
können, die sich über den Glauben austauschen möchten. Im Vorwort zum YOUCAT
hat Papst Benedikt geschrieben, dass es sein Herzenswunsch sei, dass Jugendliche den
Katechismus studieren, Lerngruppen bilden und sich im Internet austauschen. Hier haben
wir den heiligen Vater beim Wort genommen.“
Die YOUCAT Initiative beschreibt
sich selbst als Marke, wobei Marken ja normalerweise sich selbst vermarkten. Was will
diese neue Marke darüber hinaus bei jungen Menschen erreichen?
„Wir haben
festgestellt, dass es wirklich einen großen Durst gibt – gerade unter jungen Menschen
– nach Glauben und einen großen Durst nach Wissen über den Glauben. YouCat selber
ist nicht nur der Katechismus, sondern unter dieser „Marke“ YouCat entstehen gegenwärtig
viele Buchprojekte. Im Herbst ist ein YOUCAT Gebetbuch veröffentlicht worden, im kommenden
Herbst kommt ein YouCat Firmbuch heraus, und im nächsten Jahr kommt der „DO-CAT“ heraus,
von to do, etwas tun. Damit soll die Soziallehre der Kirche verständlich gemacht werden.
Sozialethiker schreiben Artikel zur Soziallehre und Jugendliche entwerfen To-Do-Listen,
wie das im Alltag gelebt werden kann. Das Internet ist der zweite Pfeiler,
und der dritte Eckpfeiler ist das YOUCAT-Zentrum, dass am Freitag eröffnet wurde.
Da sollen sich Jugendliche auch wirklich treffen können und über den Glauben austauschen.“
Mit
der Eröffnung des Zentrums in Augsburg an diesem Freitag gehen sie noch mal einen
Schritt zurück oder weiter, je nachdem, wie man das sieht: Vom Buch, also etwas Realem,
erst in die Virtualität des Internets und nun wieder zurück oder weiter in die reale
Welt. Was erhoffen Sie sich von diesem Schritt?
„Wir wollen zu einer Art
Vollständigkeit gelangen. Wir wollen nicht den Fehler begehen und sagen, dass Glaubensverkündigung
nur noch im Internet stattfindet. Wir wollen uns dann auch in der realen Welt um uns
über den Glauben von Angesicht zu Angesicht austauschen.“