Können westliche Politiker
und Fußballer nächsten Monat zur Fußball-Europameisterschaft in die Ukraine reisen,
obwohl dort offenbar die inhaftierte frühere Premierministerin Julia Timoschenko misshandelt
wurde? Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode wünscht sich stärkeren politischen
Druck. Dem Kölner Domradio sagte er am Montag angesichts der Menschenrechtsverletzungen
in der Ukraine:
„Es war gut, dass der Bundespräsident seinen Besuch in der
Ukraine abgesagt hat, um ein Zeichen zu setzen. Und ich denke, dass es gut ist, den
Druck von außen zu erhöhen, damit diese Unrechtsstrukturen abgebaut werden!“
Anders
sieht das offenbar der deutsche Sportpfarrer Hans-Gert Schütt. Der Sport müsse versuchen
neutral zu bleiben, sagte er vor ein paar Tagen ebenfalls im Domradio:
„Einerseits
ist der Sport bestrebt, internationale Begegnungen im Wettkampf und im sportlichen
Miteinander zu fördern. Und aus diesem Grund muss er sich eine gewisse Neutralität
auferlegen. Wenn Sie nun eine solche Problematik sehen und sehr hohe Maßstäbe anlegen,
dann wird die Zahl der Länder, mit denen Sie sich im sportlichen Wettkampf treffen
können, natürlich extrem eingeschränkt. Deshalb versucht der Sport, diesbezüglich
neutral zu sein.“
Bei der Ukraine kommt hinzu, dass das Vergabeverfahren
der Europameisterschaft schon weit im Vorfeld erfolgen musste. Was damals eine Ermutigung
von Reformbestrebungen in der Ukraine war, kann heute – Jahre später – wie die Unterstützung
eines Regimes wirken, das ins Autoritäre abrutscht. Dazu Sportpfarrer Schütt:
„Jetzt
ist es so: Entweder sagen Sie, wir machen eine internationale Begegnung, wir bleiben
neutral, versuchen vielleicht schon im Vorfeld zu berücksichtigen, wie die Lage der
Menschenrechte in dem betreffenden Land ist und wie die politische Position dort ist.
Dann kann man schon im Vergabeverfahren schauen, ob das geht oder nicht. Dann muss
man aber auch sehen, dass in diesen zuständigen Gremien ja auch VertreterInnen von
Ländern sitzen, in denen eine sehr, sehr schwierige Menschenrechtssituation herrscht,
die aber unter Umständen Mehrheiten zusammenbekommen, und wo dann einfach eine Mehrheitsentscheidung
fällt, die auch noch von ganz anderen Interessen getragen wird.“
Die Fußball-EM
findet vom 8. Juni bis 1. Juli in der Ukraine und in Polen statt. In Osnabrück wird
am Sonntag die Pfingstaktion des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis eröffnet.
Unter dem Motto „Und er stellte ein Kind in ihre Mitte“ geht es vor allem um Hilfsprojekte
für Kinder im Osten Europas. Dabei gehört die Ukraine mit ihren großen sozialen Problemen
zu den Schwerpunktländern der Aktion.