2012-04-29 10:07:48

Reformationsgedenken - Grund zum Feiern oder nicht?


RealAudioMP3 2017 jährt sich zum 500. Mal der sogenannte Wittenberger Thesenanschlag von Martin Luther: Reformationsjubiläum, Reformationsgedenken? Schon beim Namen setzen Protestanten und Katholiken, naturgemäß, unterschiedliche Akzente. Der römische Kurienkardinal und Ökumeneverantwortliche Kurt Koch erhofft sich im Zusammenhang mit der Reformation statt einer Jubiläumsfeier ein „beidseitiges Schuldbekenntnis“; vor Journalisten sprach er unlängst in Wien mit Blick auf die Spaltung sogar von Sünde. Das heißt aber nicht, dass die Reformation sozusagen ein rotes Tuch für Katholiken ist, betonte Wolfgang Thönissen vom Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik aus Paderborn im Gespräch mit dem Kölner domradio.

„Nein, die Reformation ist nicht mehr ein rotes Tuch. Selbstverständlich ist die sie Anlass zu einem Gedenken. Dieses Gedenken muss die Frage nach der Spaltung einschließen. Aber es sind zwei Dinge, die wir sehen müssen: Einmal ist da die Spaltung, die mit der Reformation einhergegangen ist. Und das andere ist, was die Reformation an Erneuerung und Herausforderung in der Kirche herbeigeführt hat. Diese beiden Dinge müssen wir gemeinsam bedenken. Und das ist auch das, was Kardinal Koch gesagt und gemeint hat. Reformation können wir zwar nicht feiern, wir können ihrer aber gedenken. Und wir sollten ihr auch gemeinsam gedenken.“

Eine abschließende, amtliche Beurteilung der Reformation durch die katholische Geschichte – sowas gibt es nicht. Wohl aber „einen langen Weg der Auseinandersetzung mit der Reformation“.

„Die letzten 60 bis 70 Jahre hat es sicherlich viele Neuerungen gegeben durch das, was wir die katholische Luther-Forschung nennen, die sehr viel für einen neuen Zugang zur Herausforderung Reformation getan hat. Deshalb können wir heute sehr viel differenzierter mit dem Gegenstand Reformation umgehen. Es liegt auch viel gutes Potential in der Reformation - ohne die Frage nach der Spaltung von vornherein als eine der Hauptfragen zu betrachten.“

Zum Positiven an der Reformation zählt Thönissen die Ernsthaftigkeit der Gottesfrage, wie Martin Luther sie stellte; die Betonung der Taufe als „das alleinige Eingangstor in das Heilswerk Christi“; und „das Leben in und mit der Heiligen Schrift“. Reformen der Kirche habe es nicht nur in Deutschland gegeben; tragisch sei aber, „dass diese (lutherische) Erneuerungsbewegung aus der Kirche herausgeführt und zu einer Spaltung der abendländischen Kirche geführt hat“.

„Das ist ein Aspekt, den wir heute gemeinsam auch sehr kritisch bedenken müssen, weil es eben nicht ohne Schuld auf beiden Seiten geschehen ist, wie das Zweite Vatikanische Konzil festgehalten hat. Insoweit ist die Reformation heute - zumindest für die Christen in Deutschland - eine Herausforderung, beides zu bedenken: die Erneuerung und die leider nicht zustande gekommene Erneuerung, weil sie in der Spaltung endete. Diese Spaltung zu beenden, darauf müsste das Hauptaugenmerk unseres gemeinsamen ökumenischen Tuns gerichtet sein.“

2017 sei, so formuliert Thönissen, „das erste Reformationsgedenken im ökumenischen Zeitalter“: Da komme „mit Sicherheit eine gemeinsame Aussage“ der Kirchen zustande.

„Dann haben wir auf wissenschaftlicher Ebene hier in Deutschland ein gemeinsames Projekt, das sich um die Frage des Ausgang des Ablassstreites bemüht: Wie ist das damals gewesen? Zum anderen wird die katholische Kirche einen eigenen Lutherkongress im Augustiner-Kloster veranstalten. Das sind Anfänge, die zeigen, dass die katholische Kirche die Herausforderung annimmt.“

Hintergrund
Aufgabe des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn ist die wissenschaftliche Erforschung und die Darstellung der Lehre, der Feier der Gottesdienste, der Frömmigkeit sowie aller weiteren Äußerungen des religiösen Lebens der verschiedenen Konfessionen und Bekenntnisse. Der Schwerpunkt liegt hier auf den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen und Freikirchen sowie der Ostkirchenkunde.
(rv/domradio 29.04.2012 sk)








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