Tagung zum Kirchenrecht: „Eheprozesse strenger führen!“
Kirchliche Verfahren
über eine Nichtigkeit von Ehen müssen künftig strenger geführt werden. Das fordert
der vatikanische Justizminister, Kardinal Francesco Coccopalmerio. Die Kirche müsse
besser aufpassen, dass diese Prozesse nicht missbraucht werden von Paaren, die eine
Nichtigkeit ihrer Ehe nur vortäuschten.
„Ein Missbrauch liegt dann vor,
wenn jemand genau weiß, dass seine Ehe gültig eingegangen ist, aber sich gleichzeitig
trotzdem bei der Kirche um eine Nichtigkeitserklärung bemüht. Hier müssen wir an die
Korrektheit nicht nur der zwei betroffenen Eheleute appellieren, sondern auch an die
der Anwälte. Sie dürfen sich keinesfalls nur von wirtschaftlichen Interessen leiten
lassen!“
Das katholische Kirchenrecht sieht in bestimmten Fällen vor, dass
eine kirchliche Ehe für nichtig erklärt werden kann. Hierbei handelt es sich nicht
um eine Scheidung, sondern um die offizielle Feststellung, dass eine solche Ehe im
katholischen Sinne nie bestanden hat. Mögliche Gründe für eine Nichtigkeitserklärung
sind Formfehler oder etwa die Vortäuschung eines Kinderwunsches durch einen der Brautleute.
„Wir
brauchen eine sorgfältigere Vorbereitung der Brautleute: Dieser Moment vor der Heirat
ist derjenige, in dem eine Ehe aufgebaut wird – im Bewußtsein der Partner, in ihrer
Zustimmung. Und darum muss es schon bei Jugendlichen in der Katechese eine Erziehung
zur Ehe und speziell zu ihrer Unauflöslichkeit geben. Die jungen Leute müssen schon
dafür sensibilisiert sein – nicht erst, wenn sie heiraten wollen, sondern schon früher.
Je mehr die Substanz der Ehe, darunter ihre Unauflöslichkeit, wirklich verstanden
wird, umso mehr werden die Ehenichtigkeits-Verfahren auf ein Minimum zurückgehen.“
Die beiden zuständigen vatikanischen Gerichtshöfe seien der Aufforderung
von Papst Benedikt XVI., nicht einseitig nur nach Gesichtspunkten der Barmherzigkeit
zu entscheiden, schon nachgekommen, so Coccopalmerio, den Papst Benedikt unlängst
zum Kardinal erhoben hat. Diesem römischen Vorbild müssten nun auch die anderen Beteiligten
folgen.
„Es stimmt schon, dass wir in einer gewissermaßen vergifteten Atmosphäre
leben, in der die Ehe nur noch als eine Art Vertrag gesehen wird – als könnte man
seinen Partner, an den man sich für das ganze Leben gebunden hat, irgendwann wieder
loswerden, wie etwas, das überflüssig geworden ist. Es ist furchtbar, wenn die Ehe
mit solcher Leichtigkeit, Oberflächlichkeit, mangelndem Respekt für die Person angegangen
wird, aber leider ist das die Atmosphäre, in der wir leben.“
Kardinal Coccopalmerio
ist Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten. Er
äußerte sich anlässlich einer Kirchenrechtstagung an der päpstlichen Opus-Dei-Universität
Santa Croce in Rom. Die am Donnerstag eröffnete zweitägige Konferenz befasst sich
mit einer möglichen Reform der Kriterien, nach denen eine Eheschließung aus katholischer
Sicht ungültig ist.