2012-04-25 10:44:10

Ungarn: Protest gegen antisemitische „Jobbik“-Aussagen


Vertreter des Judentums aber auch der christlichen Kirchen haben sich besorgt über die antisemitische Polemik der rechtsextremen „Jobbik"-Partei geäußert. Seit den Wahlen 2010 ist „Jobbik" mit insgesamt 47 Mandaten die drittstärkste Partei im ungarischen Parlament. Eine gegen Juden gerichtete Parlamentsrede des Abgeordneten Zsolt Barath wurde von Primas Kardinal Peter Erdö, dem reformierten Bischof Gusztav Bölcskei sowie dem evangelischen Bischof Peter Gancz zurückgewiesen. Barath hatte in seiner Wortmeldung im Parlament kurz vor Ostern den Fall eines angeblichen Ritualmords, der sich zum Pessachfest vor 130 Jahren ereignet haben soll, als historisch bezeichnet. In der Erklärung der Bischöfe heißt es, „die schamlose Wiederaufwärmung der Ritualmord-Beschuldigung von Tiszaeszlar" sei zu verurteilen. „Der christliche Glaube und die christliche Liebe zum Mitmenschen lässt sich unter keinen Umständen mit Antisemitismus sowie Schüren von Hass gegen religiöse Gemeinschaften und Volksgruppen vereinbaren. Uns beunruhigt besonders, dass es zu dieser Hassrede im Parlament gekommen ist".


Hintergrund
Bei dem angeblichen Ritualmord handelte es sich dabei um die sogenannte „Affäre von Tiszaeszlar".
Im Jahre 1882 wurden die Juden von Tiszaeszlar beschuldigt, an einem jungen christlichen Mädchen einen Ritualmord begangen zu haben. Die damaligen progressiven politischen Kreise Ungarns protestierten heftig gegen die Anklage. Der Fall, der die ungarischen Juden zum Sündebock machte, fand in ganz Europa einen großen Widerhall.
Barath wiederholte die damaligen Anklagepunkte gegen jüdische Einwohner von Tiszaeszlar. Nach den Worten des Abgeordneten hätten Juden das Mädchen ermordet, aber die Justiz sei bemüht gewesen, die Wahrheit zu verschleiern. Der Richter wäre gezwungen gewesen, auf Druck von Außen, das heißt „auf Druck von jenen Kreisen, die die ungarische Wirtschaft auch schon damals fest in der Hand hatten", die Beschuldigten freizusprechen.
Der Prozess zog sich hin, die Agitation erfasste das gesamte Land. Erst am 3. August 1883 erfolgte der Freispruch aller Angeklagten.

(kap 25.04.2012 ord)








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