Österreich: Wirtschaftskrise darf nicht zu Lasten von Ärmsten gehen
Vertreter von Hilfsorganisationen
haben in dieser Woche in Wien auf die Hungerkrise in der westafrikanischen Sahelzone
aufmerksam gemacht und an Politik und Öffentlichkeit für Unterstützung appelliert.
13,5 Millionen Menschen seien bereits von Hunger bedroht, berichtete Caritas-Auslandshilfechef
Christoph Schweifer. Die angespannte Situation in Mali werde durch die politische
Lage verschärft: „Wir haben den Aufstand der Tuareg, den Putsch des Militärs und Hunderttausende
Rückkehrer aus Libyen“, so Schweifer.
Ulla Ebner von der Diakonie-Katastrophenhilfe
berichtete von der Lage im Tschad. Die Situation im Sahelgürtel im Tschad sei „sehr
dramatisch", teilweise habe es hier in Dörfern so wenig geregnet, dass die Menschen
gar nichts ernten konnten. Auch dort würden Menschen bereits Saatgut essen. „Aber
auch hier gibt es keine Versorgungskrise, sondern eine Zugangskrise", betonte Ebner.
„In ihrer Not sammeln Frauen nun Blütensamen und wildwachsende Gräser, um daraus einen
Brei zu kochen, sie graben Ameisenbauten auf, um an Samenkörner zu gelangen und kochen
Heuschrecken“, berichtete Ebner. Männer würden vor allem in Städte abwandern, um dort
als Taglöhner etwas Geld zu verdienen. Langfristige Hilfsprogramme seien auch Ebners
Meinung nach die einzige mögliche Alternative.
Den „Handlungsbedarf“ für die
österreichische Politik erläuterte Ruth Picker, Geschäftsführerin des entwicklungspolitischen
Dachverbands „AG Globale Verantwortung“. Man begrüße zwar die nationalen und internationalen
Hilfsgelder - so habe Österreich rund 1,5 Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds
freigegeben. „Aber es kann nie nur um Akut- oder Soforthilfe gehen, sondern auch um
Prävention und strukturelle Maßnahmen“, so Picker.
Weiter forderte Picker die
Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) statt weiterer Kürzungen.
Zuletzt sei die heimische, staatlich finanzierte EZA auf einen Tiefstand von 0,27
Prozent des Bruttonationaleinkommens gefallen - laut Picker angesichts der zugesagten
Erhöhung auf 0,7 Prozent bis 2015 eine „Farce“. Die „AG Globale Verantwortung“ warb
des Weiteren für ein wirksames Soforthilfeinstrument. Denn Gelder aus dem Auslandskatastrophenfonds
würden derzeit erst nach Eintreten einer Katastrophe via Ministerratsbeschluss freigegeben:
„Das gehört geändert“, plädierte Picker für Möglichkeiten zur Prävention.
Insgesamt
brauche es dringend eine generelle Aufwertung der humanitären Hilfe in Österreich,
forderte Picker. Eine substanzielle Erhöhung der Mittel dafür von derzeit fünf auf
20 Millionen Euro sei notwendig: „Dann würde Österreich in einer Liga mitspielen,
die nicht mehr außenpolitisch beschämend ist“, so Picker.