Das Bundesverfassungsgericht muss sich erstmals in seiner Geschichte mit den sogenannten
Konkordatslehrstühlen befassen. Die Saarbrücker Philosophin Ulla Wessels hat in Karlsruhe
Verfassungsbeschwerde eingelegt, wie ihr Rechtsanwalt am Mittwoch in Nürnberg bestätigte.
Sie glaubt, dass sie bei einem von der Universität Erlangen-Nürnberg ausgeschriebenen
Lehrstuhl für praktische Philosophie allein deshalb nicht zum Zuge kam, weil sie nicht
katholisch ist. Die Uni bestreitet das. Bei einem mehrjährigen Rechtsstreit vor bayerischen
Verwaltungsgerichten war die Klägerin Ende Februar in letzter Instanz unterlegen.
Bei Konkordatslehrstühlen hat die katholische Kirche ein Vetorecht. Das heißt,
der zuständige Diözesanbischof kann die Berufung eines Universitätsprofessors durch
Einspruch verhindern, wenn er Bedenken hinsichtlich seines katholisch-kirchlichen
Standpunktes hat. Dieses und andere Rechte, die das Verhältnis von Staat und Kirche
berühren, sind im bayerischen Konkordat von 1924 geregelt. Der völkerrechtliche Vertrag
zwischen Bayern und dem Heiligen Stuhl wurde seither mehrfach fortgeschrieben. Er
kann nicht einseitig gekündigt werden. Allein in Bayern gibt es jenseits der theologischen
Fakultäten 21 Konkordatslehrstühle für Pädagogik, Philosophie und Sozialwissenschaften,
so viele wie in keinem anderen Bundesland. Wessels argumentiert mit Artikel 33
Grundgesetz. Demnach darf niemand bei der Besetzung öffentlicher Ämter wegen seines
Bekenntnisses oder seiner Weltanschauung benachteiligt werden. In ihrer Verfassungsbeschwerde
greift sie außerdem an, dass ein Veto des Bischofs bei der Besetzung eines Konkordatslehrstuhls
nicht von einem staatlichen Gericht überprüft werden kann. Dieser mangelnde Rechtsschutz
verstoße gegen Artikel 19 der deutschen Verfassung, so ihr Anwalt Rainer Roth.