2012-04-14 14:49:17

Thailand: „Das ist das unser Silvester“


RealAudioMP3 In Thailand wird gefeiert – seit Freitag schon und bis zu diesem Sonntag, einschließlich. Das Songkran-Fest markiert den Jahresanfang in vielen Kalendern in Süd- und Südostasien; die Thailänder kehren in diesen Tagen traditionell in ihre Dörfer zurück, besuchen ihre Verwandten. Für Bischof Francis Xavier Vira Arpondratana ist es eines seiner Lieblingsfeste:

„Das ist das thailändische Silvester. Man besucht dabei ältere Menschen und bittet sie um ihren Segen. Die thailändische Regierung hat daraus zusätzlich ein Fest der Familie gemacht, denn wie in anderen modernen Gesellschaften leben Vater, Mutter, Kinder auch in Thailand immer mehr nebeneinander her und nicht mehr miteinander. Jetzt soll wenigstens das Neujahrsfest wieder ein Anlass für ein gemeinsames Feiern sein. Der 15. April ist also Familientag.“

Francis Xavier Vira Arpondratana ist der Bischof von Chiang Mai, der nördlichsten Provinz in Thailand. Hier wie anderswo im Land sind Katholiken nur eine verschwindend kleine Minderheit: 94 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten, vier Prozent sind Muslime, alle christlichen Konfessionen zusammengenommen kommen nur auf ein Prozent. Ethnisch gesehen sind die Katholiken in der Regel vietnamesischer oder chinesischer Herkunft. Thais durften über Jahrzehnte nicht bekehrt werden, das war die Vorgabe des Staats.

„Wir haben erst seit fünfzig, sechzig Jahren Religionsfreiheit. Auch meine Eltern sprechen vietnamesisch. Die Katholiken in meinem Bistum sind in der Regel Eingeborene, sie sind etwa 50.000 Menschen und leben in den Bergen.“

Im Norden Thailands herrschen einvernehmliche Beziehungen zwischen Christen, Buddhisten und Muslimen. Ganz anders sieht es im Süden aus: Ausgerechnet im Urlauberparadies führt die Armee seit 2004 eine scharfe Kampagne gegen muslimische Extremisten durch.

„Es ist zwar kein Krieg, aber immer wieder gehen Bomben hoch, zum Beispiel letzte Woche in einer Herberge in Phuket. Die Menschen in den drei Provinzen des Südens leben nicht in Frieden. Wir müssen beten und für den Frieden arbeiten im Süden – fast jeden Tag kommt es dort zu Bluttaten.“

In ganz Thailand gibt es 307 katholische Schulen – „das ist unsere Art, Pastoral zu betreiben“, sagt Vira Arpondratana, der seit drei Jahren Bischof in Chiang Mai ist.

„95 Prozent der Schüler wie der Lehrer an unseren Schulen sind Buddhisten, aber wir sorgen im Ergebnis doch für eine schöne katholische Erziehung. Außerdem gibt es vier katholische Krankenhäuser – das ist nicht viel. Im Norden, in Chiang Mai, haben wir 30 Jugendzentren, aber leider keine Ressourcen, um katholische Schulen zu unterhalten.“

Chiang Mai ist eine arme Region; der frühere Premierminister Thaksin kommt von hier, ein Tycoon und begnadeter Populist, der nach einem Umsturz ins Exil musste. Jetzt ist seine Schwester Premierministerin in Bangkok, und viele befürchten, dass sie für eine Rückkehr ihres Bruders nach Thailand sorgen wird. Das könnte im Land die politischen Gegensätze wieder aufreizen.

„Bei den Menschen, vor allem in seiner Geburtsregion, ist Thaksin immer noch sehr beliebt. Wir brauchen Zeit bis zu seiner Rückkehr, die Leute müssen sich erst noch an den Gedanken gewöhnen, das muss außerdem im Einklang mit dem Gesetz geschehen.“

Mit Hoffnung sieht der Bischof über die Grenze hinüber nach Burma: Dass das dortige Regime behutsame Reformen begonnen hat, könnte in Chiang Mai die Flüchtlingslage entspannen. Denn viele sind aus Burma – oder, wie der Bischof korrekt sagt: aus Myanmar – nach Thailand geflohen – vor allem Angehörige des Volkes der Karen, die mehrheitlich Christen sind.

„Es gibt in Chiang Mai 50.000 Karen aus Myanmar; in Myanmar selbst gibt es ca. zehn Millionen von ihnen. Wir haben vier Flüchtlingscamps, in denen wir Hilfe leisten. Die Caritas kümmert sich sehr um diese Menschen… Dass viele der Karen Christen sind, stellt für uns eine Brücke nach Myanmar dar. Ich habe das letztes Jahr an Weihnachten gespürt: Da war ich in einer Pfarrei, zu der ich sieben Stunden anreisen musste – sie war nur noch 30 Minuten von der Grenze nach Myanmar entfernt. Da haben wir zusammen Weihnachten gefeiert.“

(rv 14.04.2012 sk)








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