Karfreitagsliturgie: „Die Feier erneuert das Ereignis des Kreuzes"
Mit einem Gottesdienst
im Petersdom hat Papst Benedikt XVI. am Karfreitagnachmittag des Leidens und Sterbens
Jesu gedacht. In der von Stille und Besinnung geprägten Liturgie stand die Verehrung
des Kreuzes im Mittelpunkt. Die Predigt hielt wie immer bei der Karfreitagsliturgie
der päpstliche Hausprediger Pater Raniero Cantalamessa. Er ging auf die Gegenwart
dessen ein, was zu Ostern gefeiert wird: Das Ereignis in der Geschichte – die Kreuzigung
– und die Erinnerungsfeier in der Liturgie seien keine Gegensätze:
„Die
Liturgiefeier „erneuert“ das Ereignis: Paul VI. hat einen anderen Ausdruck verwendet,
der einer ökumenischen Verständigung über dieses Thema den Weg ebnen könnte: die Worte
„gegenwärtig werden“, d.h., dass die Liturgie das historische Ereignis und mit ihm
seine Wirkung wieder in die Gegenwart bringt. (..) Wir müssen achtgeben in diesen
Tagen, wenn wir die sogenannten „Gräber“ besuchen oder an den Prozessionen des Leichnams
Christi teilnehmen, dass wir nicht den Tadel verdienen, den der Auferstandene am Ostermorgen
an die frommen Frauen richtete: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (Lk 24,5).
Es ist gewagt, aber wahr, was manche orthodoxe Autoren schreiben: „Die Anamnese, d.h.
die liturgische Gedenkfeier, macht das Ereignis wahrer, als es beim ersten Mal war,
als es stattfand“.“
Durch einen Gedenktag würde bloß erinnert, die Feier
eines Mysteriums, also eines Sakramentes, begreife gleichzeitig den Sinn. Man schaue
nicht nur einer Darstellung zu, man empfange deren Sinn, man sei nicht Zuschauer,
sondern Akteur.
„Wenn wir heute Abend nach Hause gehen und man uns fragt:
„Wo kommst du her? Wo warst du?“, dann dürfen wir, zumindest in unserem Herzen, ruhig
antworten: „Auf dem Kalvarienberg!“ Aber all dies geschieht nicht automatisch, nur
weil wir an dieser Liturgie teilgenommen haben. Augustinus sagt, wir müssen den Sinn
des Mysteriums „empfangen“. Das geschieht durch den Glauben. Ohne ein zuhörendes Ohr
gibt es keine Musik, egal wie laut das Orchester spielt; so gibt es auch keine Gnade
ohne einen Glauben, der sie empfängt.“
Der Papst zeigte zu Beginn der Kreuzesverehrung
das Holzkreuz im Petersdom den Gläubigen, dann legte er, wie in dieser Liturgie üblich,
seine roten Schuhe, seine weiße päpstliche Kopfbedeckung und seine Kasel aus und umarmte
die Füße des Kruzifix; eine Geste, die danach von zahlreichen anwesenden Kardinälen,
Bischöfen Ordensleuten und einigen Mitgliedern des diplomatischen Corps wiederholt
wurde. (rv 06.05.2012 ord)