2012-03-30 13:14:24

Bischof Hinder: Solidarität mit junger Kirche im Mittleren Osten


RealAudioMP3 Der in Abu Dhabi residierende katholische Bischof Paul Hinder bittet die Weltkirche um mehr Solidarität mit den Christen auf der Arabischen Halbinsel. Entgegen der weit verbreiteten Meinung sei die katholische Kirche in den Golfstaaten keineswegs eine absterbende, sondern vielmehr eine „junge, vitale Kirche vor allem von Migranten“. Sie zeichne sich durch eine große Internationalität und ein hohes Maß an engagierten Laien aus, so Bischof Hinder in diesen Tagen bei einem Besuch in Wien. „Wir sind eine Kirche von Ausländern für Ausländer.“

Der Bischof rät davon ab, einem Ruf des saudischen Großmuftis nach einer Zerstörung der Kirchen auf der Arabischen Halbinsel zu viel Bedeutung beizumessen. Großmufti Scheich Abdul Aziz bin Abdullah hatte sich auf ein Hadith, also eine mündliche Überlieferung des islamischen Propheten Mohammed berufen, dass es auf der Arabischen Halbinsel nicht zwei Religionen gleichzeitig geben dürfe. Dazu sagte Hinder, er hege weiterhin Zweifel daran, ob es sich tatsächlich um eine Fatwa handle oder um Aussagen aus einem Interview. Die Fatwa habe unter seinen muslimischen Gesprächspartnern ebenfalls für Kopfschütteln und Unverständnis gesorgt, auch hätten die arabischen Medien sie kaum aufgegriffen. Allerdings sollte man die Wirkung solcher Sprüche auf die Bevölkerung der Halbinsel auch wieder nicht unterschätzen. „Wir sollten uns über die Mentalität des wahhabitischen Islam keine Illusionen machen“, so Hinder.

Gerade in den gegenwärtigen Umbruchsprozessen und den damit verbundenen Unsicherheiten bräuchten die rund drei Millionen Katholiken auf der Arabischen Halbinsel die Solidarität durch die Weltkirche. „Niemand weiß, welche Auswirkungen die Transformationen auf die alten und neuen Christen in diesen Ländern haben“, so Hinder. Entsprechend seien auch die Vorbehalte etwa der Christen in Syrien vor einem möglichen Machtwechsel verständlich. Dabei seien die Probleme, mit denen Christen in der arabischen Welt konfrontiert seien, oftmals hausgemacht: Viele christliche Kirchen seien „mit ihrer eigenen Struktur befasst, so dass sie nur langsam auf die Umbrüche reagieren und diese kaum zu einer Revitalisierung nutzen können“, so Hinder. Außerdem ortete der Bischof gerade auch bei den katholischen Ostkirche eine „Überbetonung der jeweils eigenen Traditionen“. Dies sei „Teil des Problems und nicht Teil der Lösung, denn je vielstimmiger die Kirche spricht, desto schwächer ist ihr Zeugnis und ihre Stellung gegenüber der muslimisch dominierten Mehrheit“.

Von den westlichen Kirchen werde darüber hinaus oft die Besonderheit der „neuen Kirchenerfahrung“ unterschätzt, die die Arbeitsmigranten in den wirtschaftlich florierenden Ländern des Golfs machen. Die Internationalität der Migranten sorge zwar für eine „gewisse Vermischung auch der religiösen Kulturen“, dies sei aber nicht negativ zu beurteilen, sondern biete auch die „Chance, die ethischen und sprachlichen Grenzen zu überwinden in eine neue wahrhaft katholische Identität“. Insofern könne die katholische Kirche der Region durchaus als „Laboratorium für eine Kirche in einem Umfeld betrachtet werden, wo es nur wenig Struktur und labile politische Sicherheit gibt“ - eine Situation, die durchaus mit jener der ersten Gemeinden im Urchristentum vergleichbar sei, so Hinder. Zu den Qualitäten der jungen katholischen Kirche vor Ort zählen laut Hinder das hohe Laienengagement - angesichts von rund drei Millionen Gläubigen und nur 90 Priestern sei dies unausweichlich -, ein hohes Maß an karitativer Fürsorge - etwa in Form von katholischen Schulen oder sozialen Diensten, und eine hohen Dialogbereitschaft. So gebe es einen durchaus funktionierenden „Dialog des Lebens“ mit den Muslimen in ökonomischen, sozialen und ethischen Fragen. Hier begegne man sich in „gegenseitigem Respekt“. Eine vollständige „Begegnung auf Augenhöhe“ gebe es jedoch nicht, da das Christentum von der muslimischen Mehrheit weiterhin als „Religion des Westens“ betrachtet und diese moralisch-sittlich beargwöhnt werde.

(kap 30.03.2012 sk)








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