2012-03-29 11:41:05

Johannes XXIII. exkommunizierte Fidel nicht


Es stimmt nicht, dass Papst Johannes XXIII. seinerzeit Fidel Castro exkommunizierte. Das sagte nun der langjährige Sekretär des italienischen Papstes, Erzbischof Loris Capovilla, der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“. Das Wort Exkommunikation habe es „im Vokabular des Johannes-Papstes nicht gegeben“, so der 96-jährige Erzbischof. Er äußerte Unverständnis darüber, dass immer wieder über einen angeblichen Kirchenausschluss am 3. Januar 1962 berichtet werde. Dafür habe es nicht einmal einen Grund gegeben: Eine Exkommunikation ergebe nur für Menschen einen Sinn, die innerhalb der katholischen Kirche stehen. Bereits 1949 habe Papst Pius XII. ein Dekret veröffentlicht, wonach jeder, der einer kommunistischen Partei beitritt, exkommuniziert sei.

Capovilla erklärt weiter, dass der Heilige Stuhl „nie die Initiative“ ergreife, um diplomatische Beziehungen zu zerbrechen. Sogar die Ausweisung des Weihbischofs in Havanna und von 131 Priestern aus Kuba im September 1961 habe Johannes XXIII. bei einer Generalaudienz lediglich in „gemäßigter Form“ angesprochen.

Viele Fragen
Papst Benedikt hatte sich am Mittwoch mit Fidel Castro in der Nuntiatur in Havanna getroffen. Dabei habe sich Castro, seinerzeit Zögling eines Jesuiten-Kollegs, zunächst nach den liturgischen Neuerungen in der Kirche erkundigt. Weitere Fragen des Revolutionsführers an den Papst galten „aktuellen politischen, kulturellen, religiösen und wissenschaftlichen Themen“, berichtete Papstsprecher Federico Lombardi. Benedikt ging in der Unterhaltung unter anderem auf das Thema der Abwesenheit Gottes und auf die wichtige Beziehung zwischen Glaube und Vernunft ein.

Fidel Castro hatte Kuba nach der Revolution zunächst als atheistischen Staat definiert. Er ließ Anfang der 1960er-Jahre alle kirchlichen Schulen schließen und ordnete die Verbannung von Ordensfrauen und Priestern an. Höhepunkt war die Ausweisung des Weihbischofs Eduardo Roza Masvidal und 131 weiterer Priester. Die meisten von ihnen stammten, wie Castros unehelicher Vater, aus Spanien. Insgesamt mussten in den 1960er- Jahren rund 2.500 Priester und Ordensleute die Karibikinsel verlassen.

Zeitungsbericht
Die „New York Times“ berichtete damals, der Revolutionsführer sei exkommuniziert worden. Quelle war ein Vatikanbeamter, der erklärt hatte, wer einem Bischof Gewalt antue oder dies unterstütze, sei automatisch von den Sakramenten ausgeschlossen.

Ob sich Fidel Castro und sein ebenfalls katholisch getaufter Bruder Raul tatsächlich die höchste Kirchenstrafe zugezogen haben, blieb jedoch wie vieles an der kubanischen Revolution ungeklärt. Als 1974 der Architekt der „vatikanischen Ostpolitik“, Erzbischof Agostino Casaroli, auf Kuba freundlich empfangen wurde, zeigte sich, dass der Gesprächsfaden doch nicht ganz abgerissen war. Auch die diplomatischen Vertretungen in Rom und in Havanna blieben bestehen.

Auffallend ist, dass Fidel Castro seit dem Untergang des Ostblock-Sozialismus eine vorsichtige Annäherung an die katholische Kirche suchte. 1996 traf er in Rom Johannes Paul II. Zwei Jahre später besuchte der polnische Papst den marxistisch-leninistischen Diktator in Havanna. Statt in Kämpfer-Uniform begrüßte der „Maximo lider" den Pontifex Maximus damals im dunklen Zweireiher und ließ kaum eine Gelegenheit aus, sich bei Papstreden in der ersten Reihe zu zeigen. Zur Kommunion ging er freilich nie. Als Geschenk für den Gast aus Rom hatte er den Weihnachtsfeiertag auf Kuba wieder eingeführt und der Freilassung von politischen Gefangenen zugestimmt.

Annäherung
Seither ging die Annäherung in kleinen Schritten weiter. Eine Diözesanzeitung wurde wieder zugelassen, Prozessionen wurden erlaubt, ein Kloster und ein Priesterseminar eröffnet. Der jüngere Bruder Raul Castro, der seit 2006 die Führung übernommen hat, setzt diese Politik fort. Er akzeptiert auch die Rolle des Kardinals von Havanna, Jaime Ortega y Alamino, als Vermittler zu politischen Häftlingen, von denen einige aufgrund dieses Einsatzes in die Freiheit gelangten.

Im persönlichen Gespräch mit Raul Castro verlangte Benedikt XVI. am Dienstag mehr gesellschaftliche Mitwirkungsmöglichkeiten für die Kirche. Zuvor hatte er kirchliche Hilfe für die Entwicklung eines neuen Gesellschaftsmodells angeboten. Der klassische Marxismus liefere keine Antworten auf heutige Fragen, betonte der Papst, der als Theologe und als vatikanischer Glaubenshüter den Marxismus bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert immer wieder scharf kritisiert hat.

(kna/rv 29.03.2012 gs)







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