Papst in Mexiko: „Der Glaube vermag alte Strukturen aufzubrechen“
Benedikt XVI. ist
in Mexiko: Am Freitagnachmittag Ortszeit – in Rom war es da schon fast Mitternacht
– landete das Kirchenoberhaupt in der zentralmexikanischen Stadt León. Es war ein
Empfang, wie er dem Papst in Europa nie zuteil wurde: mit großem Enthusiasmus begrüßten
700.000 jubelnde Menschen Benedikt XVI. in Mexiko. Sie säumten den 34 Kilometer langen
Weg des Papstes vom Flughafen in Leon zu seiner Unterkunft, schwenkten Fahnen, sangen
und jubelten. Sprechchöre durchzogen die Menge, Kinder überreichten dem Gast aus Rom
Blumen, farbenfrohe mexikanische Folkloregruppen tanzten.
Benedikt wirkte
bei hohen Außentemperaturen und nach 14-stündigem Flug etwas müde, freute sich aber
sichtlich über die Art des Empfangs. In Mexiko trat der bald 85-jährige Papst erstmals
mit einem Stock auf. Präsident Felipe Calderon begrüßte ihn mit einem festlichen Empfangskomitee
am Flughafen. „Ich komme als Pilger des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe“, stellte
Benedikt XVI. klar.
„Ich möchte die Christen im Glauben stärken, sie darin
festigen und ermutigen, ihn neu zu beleben im Hören auf Gottes Wort, durch die Sakramente
und ein konsequentes Leben.“
Schon hier klangen aus den Worten des Papstes
grundlegende Probleme Mexikos an, etwa Drogengewalt und Auswanderung. Christen würden
durch die Weitergabe des Glaubens „Sauerteig in der Gesellschaft“, so der Papst:
„Dabei
tragen sie zu einem respektvollen und friedlichen Miteinander bei auf der Grundlage
der unvergleichlichen Würde jedes Menschen, der von Gott erschaffen ist, und die zu
vergessen oder zu missachten keine Macht das Recht hat. Diese Würde manifestiert sich
auf herausragende Weise im Grundrecht auf Religionsfreiheit, und zwar in ihrer authentischen
Bedeutung und ohne Einschränkungen.“
Der Glauben mache den Christen auch
in schwierigen Situationen zuversichtlich, sagte der Papst. Denn das Vertrauen auf
Gott biete die Gewissheit, Gottes Gnade zu empfangen.
„In diesem Bewusstsein
bemüht sich der Glaubende, auch die Strukturen und die wenig angenehmen gegenwärtigen
Begebenheiten zu verändern, die unveränderlich und unüberwindbar scheinen, und hilft
dem, der im Leben weder Sinn noch Zukunft findet. Ja, die Hoffnung verändert das konkrete
Leben des Menschen auf reale Weise“.
Lateinamerika gewissermaßen als Hoffnungs-Motor
der Welt – das ist eine Vision, die Papst Benedikt bei seiner Antrittsrede in Mexiko
umriss.
„Dieses Land und dieser Kontinent sind gerufen, die Hoffnung auf
Gott als tiefe Überzeugung zu leben und sie so zu einer Haltun des Herzens und einem
konkreten Auftrag werden zu lassen, vereint einer besseren Welt engegenzugehen.“
Er
werde in den kommenden Tagen dafür beten, so Benedikt abschließend, dass „dieses Volk
dem empfangenen Glauben und seinen besten Traditionen Ehre macht“.
„Insbesondere
bete ich für diejenigen, die aufgrund alter oder neuer Spannungen, aufgrund von Ressentiments
und Formen von Gewalt leiden. Ich bin mir durchaus bewusst, daß ich mich in einem
Land befinde, das auf seine Gastfreundschaft stolz ist und nicht will, daß sich hier
jemand fremd fühlt. Ich weiß es und habe es schon gewußt, aber jetzt sehe ich es und
spüre es tief in meinem Herzen. Aus ganzer Seele hoffe ich, dass es auch viele Mexikaner
spüren, die außerhalb ihrer Heimat leben, sie aber nie vergessen und sehen möchten,
wie ihr Land in der Eintracht und in einer echten ganzheitlichen Entwicklung wächst.“
Mexikos
Präsident Calderon hieß den Papst im Namen der Regierung und der gesamten Bevölkerung
im zweitgrößten katholisch geprägten Land der Welt willkommen. 93 Millionen Katholiken
leben in der mittelamerikanischen Nation, überdies erinnerte Calderon an „die vielen,
die in die Vereinigten Staaten auswanderten auf der Suche nach einer besseren Zukunft
für ihre Familien; wir vermissen sie sehr.“ Gleichzeitig erinnerte der Präsident daran,
dass Mexiko ein laizistischer Staat ist – und ein Land mit vielen Problemen.
„Mexiko
leidet wie wenige andere Länder an den Auswirkungen der Weltwirtschafftskrise. Mexiko
leidet, und Ihre Heiligkeit weiß das, an der gnadenlosen Gewalt der Straftäter. Das
organisierte Verbrechen zeigt uns heute sein finsteres Gesicht des Bösen wie nie zuvor.“
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind in Mexiko allein seit
2006 über 50.000 Menschen dem Drogenkrieg zum Opfer gefalle. Dennoch stehe Mexiko
aufrecht, sagte der Präsident, weil es „ein starkes Volk“ sei. Die Menschen glaubten
an Werte und Prinzipien, an die Familie, die Freiheit und die Demokratie.
„Ich vertraue darauf, dass der Besuch Seiner Heiligkeit die Seelen der Frauen und
Männer dieses Landes erleuchte, besonders jener, die am meisten leiden. Danke dafür,
dass Sie in Mexiko sind!“
Nächster offizieller Programmpunkt: ein Höflichkeitsbesuch
bei Staatspräsident Calderon im sechzig Kilometer entfernten Guanajuato, der Hauptstadt
des gleichnamigen Bundesstaates, am Samstagnachmittag - in Mitteleuropa bereits Sonntagmorgen.
Es ist Benedikts 23. Apostolische Reise und die erste ins spanischsprachige Amerika.
Sie wird ihn am Montag von Mexiko nach Kuba weiterführen.