Österreich: Empörung über christenfeindliche Fatwa
Österreichs Bischöfe
haben das christenfeindliche Rechtsgutachten des Großmuftis von Saudi-Arabien scharf
kritisiert. Man erwarte von der muslimischen Welt eine klare Zurückweisung der Fatwa,
hieß es in einer Erklärung der österreichischen Bischofskonferenz, die bei der eben
beendeten Vollversammlung in Tainach verabschiedet wurde. Kardinal Christoph Schönborn,
der Vorsitzende der Bischofskonferenz, sagte vor Journalisten:
„Diese
Fatwa ist für uns Bischöfe völlig inakzeptabel und auch nicht nachvollziehbar. Wir
verlangen eine offizielle Erklärung und eine eindeutige Bejahung von Kirchen und Christen
in dieser Region.“
Großmufti Scheich Abdul Aziz bin Abdullah hatte auf
eine Anfrage kuwaitischer Abgeordneten erklärt, es sei verboten, weitere Kirchen auf
der Arabischen Halbinsel - also auch in den Golfstaaten - zu bauen. Damit nicht genug,
forderte der Mufti überdies die Vernichtung sämtlicher Kirchen auf der Arabischen
Halbinsel. Schönborn verwies auf den Umgang mit islamischen Kulturen in der westlichen
Welt.
„So wie die katholische Kirche in Österreich und überall auf der Welt
für die Religionsfreiheit eintriftt, erwartet sie umgekehrt, dass auch auf der Arabischen
Halbinsel das Recht auf Religionsfreiheit beachtet und respektiert wird. Wir Bischöfe
erwarten von den religiösen und politischen Führungskräften der muslimischen Welt
eine klare Zurückweisung der Fatwa des saudischen Großmuftis.“
Gerade in
einer Zeit, in der durch die arabischen Revolutionen die ganze Region in Aufruhr steht,
helfen den Menschen solche Erklärungen nicht, heißt es in der Erklärung der Bischofskonferenz.
Vielmehr drohe dadurch eine gefährliche Verschärfung der ohnedies schon bedrohlichen
Situation von Christen in arabischen Ländern.
Die Fatwa stelle zudem die Ernsthaftigkeit
eines interreligiösen Dialogs grundsätzlich in Frage. König Abdullah habe Anstrengungen
für diesen Dialog unternommen und beispielsweise das Interreligiöse Dialogzentrums
in Wien (2011) initiiert. Hier gebe es offenbar einen Widerspruch zwischen den Dialogbestrebungen
des Königs und den Bestrebungen seines obersten Muftis.
Ebenfalls Thema bei
der Vollversammlung der österreichischen Bischöfe war sexueller Missbrauch durch Kleriker.
Kardinal Schönborn appellierte erneut an die Opfer, die kirchlichen Angebote zu Aufklärung
und Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Selbstverständlich" stehe es jedem Opfer frei, den
gerichtlichen Klagsweg zu beschreiten, vor Gericht habe jedoch jeder Beklagte das
gute Recht, „sich zu verteidigen, einschließlich der Einrede auf Verjährung", so der
Kardinal. Allerdings bringe die „unbürokratische und professionelle" kirchliche Hilfe
Opfern oft mehr als der Weg zu Gericht. Viele Betroffene hätten bereits finanzielle
Hilfe erhalten, „weil für die Klasnic-Kommission unerheblich ist, ob Taten verjährt
sind oder nicht".
Überdies rufen die österreichischen Bischöfe die Politik
zu mehr Schutz für das beginnende Leben auf. Verantwortungsträger sollten ein „klares
Votum gegen eine vorgeburtliche Selektion von Menschen mit Behinderung“ abgeben. Es
dürfe nicht zugelassen werden, „dass Menschen schon vor der Geburt mit dem Argument
der Vermeidung von Krankheit und Behinderung selektiert werden", heißt es in der Presseerklärung
der Bischofskonferenz. Anlass des Einspruchs der Bischöfe ist der Tag der Menschen
mit Down-Syndrom, der jährlich weltweit am 21. März begangen wird.
Mit Sorge
beobachten die Bischöfe, dass die Diagnose eines Down-Syndrom-Kindes in rund 90 Prozent
der Fälle zu einem Schwangerschaftsabbruch führt. Die diagnostischen Methoden würden
hier so eingesetzt, dass ihr Ziel „nicht die Heilung, sondern die Selektion vor der
Geburt" sei. Verschärft werde diese Entwicklung noch durch die gesetzliche Möglichkeit,
die Abtreibung eines Kindes mit Behinderung bis unmittelbar vor der Geburt vorzunehmen.
Ausdrücklich lobten die Bischöfe den österreichischen Vizekanzler Michael
Spindelegger für ein unlängst geäußertes Bekenntnis zum Lebensschutz beim diesjährigen
Welttag der Menschen mit Down-Syndrom. Spindelegger hatte erklärt, jegliche Abwägungen,
die darauf abzielen, den Wert eines Menschen oder seine Schutzwürdigkeit an das Vorhandensein
bestimmter Qualitäten oder Fähigkeiten zu knüpfen, seien „strikt abzulehnen". Dies
werteten die Bischöfe als Bekräftigung und große Hilfe im Einsatz für Menschen mit
Behinderung.
Weiteres Ergebnis der Vollversammlung: In den katholischen Gottesdiensten
in Österreich soll ab Advent 2013 ein neues Gebets- und Gesangbuch verwendet werden.
Es wird das seit 1975 verwendete „Gotteslob" ablösen. Auch die Revision der Einheitsübersetzung
des Neuen Testaments sei bereits sehr weit gediehen.