Irak: „Keine Zukunft für Christen ohne westliche Hilfe “
Ohne Hilfe aus dem
Ausland werden die Christen im Irak wohl keine Lebensperspektive haben. Das hat der
irakische chaldäisch-katholische Abt Gabriel (Fr. Waheed Gabriel Tooma) am Dienstag
bei einem Besuch in Wien betont. Der Vorsteher des Marienklosters im nordirakischen
Alqosh übte heftige Kritik an den USA und ihren Verbündeten im Golfkrieg.
„Die
westliche Allianz hatte dem irakischen Volk Freiheit und Sicherheit versprochen. Aber
nichts davon ist eingetroffen. Seit 2004 wurden 8.000 Christen getötet und fünfzig
Kirchen zerstört. Und seit dem Abzug der US-Truppen vor einigen Monaten hat sich die
Lage noch verschlimmert.“
Tatsächlich kam es am Dienstag zu mindestens
fünfzehn Anschlägen mit Dutzenden von Toten in mehreren Teilen des Irak. Die Bomben
richteten sich aber nicht speziell gegen Christen, sondern waren diesmal wohl eine
Drohbotschaft an die Arabische Liga, die nächste Woche in Bagdad tagen will. Für die
Iraker, aber eben auch speziell für die im Irak verbliebenen Christen ist die Lage
außerhalb des Kurdengebiets im Norden dramatisch.
„Wenn ich als Christ aus
dem Haus gehe, weiß ich nicht, ob ich wieder nach Hause komme! Den irakischen politischen
Parteien sind die Menschen egal, Politik bedeutet nur Sicherung der eigenen Pfründe.
Ein effektiver Schutz von Minderheiten ist kein Thema im Land. Die irakischen Sicherheitskräfte
sind in keiner Weise in der Lage, gegen die immer radikaler agierenden islamischen
Extremisten oder auch gewöhnliche Kriminelle vorzugehen.“
Hinter vielen
Gruppierungen würden ausländische Mächte stehen, so Abt Gabriel. Saudi-Arabien, der
Iran und Syrien verfolgten ihre eigenen Interessen im Irak. Der Abt appelliert an
Europa, den Vatikan und die USA, Druck auf die irakische Regierung auszuüben, damit
es endlich zu einer Verbesserung der Sicherheitslage komme. Er sei kein Politiker
– aber seiner Einschätzung nach werde der Irak als politische Größe in der Zukunft
aber keinen Bestand haben, sondern in einen sunnitischen, schiitischen und kurdischen
Teil zerfallen.
„Im schwer bewachten Marienkloster versuchen die Mönche
so gut es geht zu helfen. So wurden christliche Flüchtlinge aus Mossul im Kloster
aufgenommen und für 20 Kinder ein Waisenhaus errichtet und geführt. Wir Christen wollen
im Irak bleiben! Wir sind die ursprüngliche Bevölkerung dieses Landes. Wir werden
den Irak nicht verlassen!"
Der chaldäisch-katholische Mönch ist seit 2006
Abt des Marienklosters, rund 50 Kilometer nördlich der Stadt Mossul. Zugleich leitet
er auch das Waisenhaus des Klosters. Genaue Angaben über die noch im Irak verbliebenen
Christen gibt es nicht. Die Zahlen schwanken zwischen 300.000 und einer Million. Inzwischen
würden auch wieder irakische Flüchtlinge aus Syrien zurückkommen, was die Situation
noch unübersichtlicher mache, erläuterte CSI-Österreich-Generalsekretär Elmar Kuhn.
Etwa 65 Prozent aller Christen im Irak sind katholische Chaldäer. Vor dem Krieg lebten
sie mehrheitlich in Bagdad. Aber aus der irakischen Hauptstadt und auch aus Mossul
im Norden sind inzwischen rund 80 Prozent der christlichen Bevölkerung geflohen. Der
Süden des Irak ist überhaupt weitgehend christenfrei.