Tausende von Menschen haben in der Markuskathedrale von Kairo am Requiem für Papst
Schenuda III. teilgenommen. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche war am Samstag
im Alter von 88 Jahren gestorben; er stand vier Jahrzehnte lang an der Spitze der
größten christlichen Kirche im Nahen Osten. An dem Requiem nahmen zahlreiche koptische
Bischöfe und Politiker aus Ägypten und dem Ausland teil, darunter Tourismusminister
Mounir Fakhry Abdel Nour. Der Islamist Saad Katatni vertrat das Kairoer Parlament,
dessen Präsident er ist; auch ein Vertreter des Militärrats und die US-Botschafterin
nahmen an der Liturgie teil. Zehntausende von Menschen, die keinen Einlass mehr gefunden
hatten, erinnerten auf dem Platz vor der Kathedrale an den Verstorbenen. Die Feier
wurde live im staatlichen Fernsehen übertragen; der Militärrat hatte Staatstrauer
angeordnet. Im öffentlichen Dienst angestellte christliche Ägypter erhielten den Dienstag
arbeitsfrei. In den letzten Tagen waren lange Menschenschlangen an den sterblichen
Überresten Schenudas vorbeidefiliert; dabei kamen am Sonntag drei Menschen ums Leben,
sie wurden von der Menge erdrückt. Die Beisetzung des 117. Nachfolgers des hl. Evangelisten
Markus im historischen Bischoi-Kloster im Wadi Natrun fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit
statt.
Nachfolgerwahl Die Wahl des Nachfolgers von Schenuda
III. dürfte mehrere Monate dauern. Das Auswahlverfahren ist sehr kompliziert. Zuletzt
wurden in der koptischen Kirche auch immer mehr Stimmen laut, die für eine Verschiebung
der Wahl bis nach der für 1. Juli geplanten Amtseinführung eines neuen ägyptischen
Präsidenten plädieren. In der aktuellen Situation wollten sich die Kopten auf die
Präsidentschaftswahl konzentrieren und damit ihre Zugehörigkeit zur ägyptischen Gesellschaft
hervorheben und erst dann einen neuen Papst wählen, sagte am Montag etwa Bischof Bishoi
von Damiette. Auch Schenuda III. war 1971 erst acht Monate nach dem Tod seines Vorgängers
Patriarch Kyrill VI. gewählt worden.