Die von Papst Benedikt
angeordneten Untersuchungen in der Kirche Irlands wegen zahlreicher Missbrauchsfälle
sind abgeschlossen. An diesem Dienstag gab der Heilige Stuhl eine Zusammenfassung
der Ergebnisse der Apostolischen Visitation bekannt und verurteilte abermals die „sündhaften
und kriminellen Akte“ gegen Minderjährige, die von Klerikern und Ordensleuten in Irland
begangen wurden und zu einer tiefen Kirchenkrise führten.
Vier Visitatoren
hatte der Heilige Stuhl mit der Durchführung der Untersuchungen betraut. Sie prüften
zu Jahresbeginn 2011 mehrere Monate lang den Stand der Dinge in den vier Erzdiözesen
Irlands sowie in vier Seminaren und 31 Ordenshäusern bzw. katholischen Schulen. Angaben
über die Zahl der Opfer machte der Vatikan nicht. Im Zug der Untersuchungen – so heißt
es in der Zusammenfassung – wurde den Visitatoren klar, „wie sehr die Fehler der Vergangenheit
zu einem unangemessenen Verständnis“ und einer ebensolchen „Reaktion auf das entsetzliche
Phänomen des Missbrauchs von Minderjährigen führten, nicht zuletzt von Seiten verschiedener
Bischöfe und Ordensoberer“. Mit einem „tiefen Gefühl von Schmerz und Scham“ habe man
zur Kenntnis nehmen müssen, dass in der Kirche „schuldlose junge Menschen von Klerikern
und Ordensleuten missbraucht wurden“, die ihnen anvertraut waren. Gleichzeitig hätten
jene, die Wachsamkeit hätten üben müssen, diese Aufgabe „nicht wirksam wahrgenommen“.
Für diese Fehler, so das Vatikan-Schreiben weiter, „muss einmal mehr um Vergebung
gebeten werden: vor Gott und vor den Opfern!“
Gleichzeitig hätten die Visitatoren
feststellen können, dass seit den 1990er Jahren Schritte unternommen wurden, um mehr
Bewusstsein für das Problem Missbrauch zu schaffen. Die Visitation sollte denn auch
sicherstellen, dass die Maßnahmen dem Missbrauch Minderjähriger in der Kirche wirklich
ein Ende setzen. Der Heilige Stuhl empfehle den irischen Bischöfen und Ordensoberen,
viel Zeit aufzuwenden, um mit Opfern zu sprechen und ihnen zuzuhören, wie das auch
Papst Benedikt getan habe.
Die Visitatoren selbst haben ebenfalls zahlreiche
Missbrauchsopfer getroffen und zeigten sich dankbar für diese Begegnungen. Sie stellten
fest, dass in Irland die aktuellen Anti-Missbrauchs-Normen für die katholische Kirche
befolgt würden. In den vergangenen Jahren habe das nationale Komitee für Kinderschutz
in der katholischen Kirche gründlich gearbeitet; es solle weiterhin mit genug Personal
und Mittel ausgestattet werden, heißt es in den Empfehlungen des Heiligen Stuhles.
Noch ausständig sei ein gemeinsames Modell der Umsetzung der Anti-Missbrauchs-Normen
für alle irischen Diözesen und Ordensinstitute.
Die vier Erzbischöfe hätten
zugesichert, dass alle neu entdeckten Missbrauchsfälle zügig vor ein Zivilgericht
kämen und überdies bei der Glaubenskongregation angezeigt würden. Die Visitatoren
drängten überdies darauf, die irischen Kirchengerichte zu reformieren, damit immer
noch anhängige Fälle angemessen verhandelt werden können.
In den irischen
Priesterseminaren, so stellten die Visitatoren fest, gibt es klare Kinderschutznormen,
die den angehenden Priestern vermittelt würden. Der Heilige Stuhl empfiehlt, noch
strengere Auswahlkriterien bei den Kandidaten anzuwenden und sie konsequenter als
bisher auf das Leben im priesterlichen Zölibat vorzubereiten. Die Seminargebäude sollten
ausschließlich Priesterkandidaten der örtlichen Kirche und ihre Ausbilder beherbergen.
Ordensobere sollen im Kampf gegen Missbrauch in Zukunft öfter gemeinsam mit
den Bischöfen nachdenken, planen und sie unterstützen, heißt es in dem Vatikan-Papier.
Zusammen sollten Ordensobere und Bischöfe auch eine Vorgehensweise für Fälle erarbeiten,
in denen Priester fälschlich des Missbrauchs angeklagt wurden, um sie zurück ins Amt
zu holen. Auch eine Vorgehensweise für rechtskräftig verurteilte Priester sei noch
zu finden, die so konkrete Fragen wie die Lebensbedingungen dieser Männer beantwortet.
Das Abschlusspapier zur Visitation zeichnet ein realistisches Bild von der
tiefen Krise, in der die Kirche steckt. Die Leiden der Opfer hätten viele Wunden innerhalb
der katholischen Kirche Irlands aufgerissen. Viele Laien hätten das Vertrauen in ihre
Hirten verloren, viele gute Priester und Ordensleute seien ungerecht beschuldigt worden,
Täter zu schützen, einige hätten sich nicht genug von ihren Bischöfen und Oberen verteidigt
gefühlt. Die Bischöfe und Oberen selbst hingegen hätten sich oft isoliert gesehen
bei dem Versuch, sich „gegen die Wellen der Empörung zu stemmen“, und hätten sich
oftmals auch untereinander nicht auf eine Vorgehensweise einigen können.
Nach
Abschluss der Visitation ruft der Heilige Stuhl nun in erster Linie zur Einheit auf:
„Einheit unter den Bischöfen selbst und mit dem Nachfolger Petri, Einheit zwischen
Bischöfen und ihren Klerikern, Einheit zwischen Hirten und Laien, Einheit zwischen
diözesanen Strukturen und Ordensgemeinschaften“. Ganz besonders dringlich sei jetzt
eine vertiefte Glaubensbildung für jüngere und erwachsene Katholiken und „ein neuer
Fokus auf die Rolle des Laienstandes“. Die Visitatoren hätten nämlich in Irland bei
Priestern, Ordensleuten und Laien gleichermaßen eine „gewisse Tendenz“ bemerkt, auch
abweichende theologische Meinungen gelten zu lassen. An dieser Stelle die klare Aussage:
„Es muss betont werden, dass Abweichungen von grundlegenden Lehren der Kirche nicht
der echte Pfad der Erneuerung sind.“