Die Bedeutung des christlichen Menschenbildes für die Politik hat Bundeskanzlerin
Angela Merkel hervorgehoben. Bei der Jubiläumsveranstaltung zum 60-jährigen Bestehen
des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK) in Siegen verwies sie am Samstag
u.a. auf die Menschenrechte, die im christlich-jüdischen Bild von der unveräußerlichen
Menschenwürde wurzeln. Europa sei wesentlich von diesen Werten geprägt, doch müsse
man in einer globalisierten Welt bedenken, dass die Europäer noch sieben Prozent aller
sieben Milliarden Menschen stellten; die Deutschen machten nur ein Prozent aus, sagte
Merkel. Wenn man also christlichen Werten Geltung verschaffen wolle, müssten die Europäer
gemeinsam handeln. Das gelte auch angesichts der Tatsache, dass Christen weltweit
wegen ihres Glaubens verfolgt würden. Wie die CDU-Vorsitzende, die von 1992 bis 1993
dem EAK vorstand, weiter sagte, sei die Bibel zwar kein „Handbuch“ für Politik. Aber
Religion und Glaube seien nötig, um einen „moralischen Kompass“ zu gewinnen, und schützten
vor „Allmachtsphantasien“. Die Politik sei nicht „allwissend und allmächtig“. Merkel:
„Das letzte Wort hat Gott.“ Das mahne zur Demut. Politiker könnten nicht alles regeln
und vor allem nicht selbst sinnstiftend wirken. Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses
Nikolaus Schneider (Düsseldorf), würdigte den Beitrag des EAK zur Demokratie. Dies
zeige sich zum Beispiel im Eintreten für den Schutz des arbeitsfreien Sonntags. Die
Sonntagsruhe sei eine „heilsame Unterbrechung“ der Arbeit. Zwar sei Arbeit ein hoher
Wert, aber wenn man ununterbrochen 365 Tage im Jahr arbeiten müsse, dann sei dies
ein „Sklavenleben“. Schneider ermunterte den EAK, weiter die Verbindungen zwischen
Politik und Kirche zu pflegen und christliche Orientierung in Grundsatzfragen anzubieten.
Insofern sei der EAK eine „Gedankenschmiede“. Das Verhältnis zwischen den Unionsparteien
und der evangelischen Kirche habe sich entspannt. Anfang der neunziger Jahre sei er
als sozialpolitisch engagierter Pfarrer irritiert gewesen, dass der damalige EAK-Bundesvorsitzende
Roman Herzog evangelischen Pfarrern Briefe geschrieben habe. Im Nachhinein habe er
die darin vorgetragenen Argumente jedoch als wertvoll und bedenkenswert empfunden.
Der frühere EKD-Ratsvorsitzende, Bischof i.R. Wolfgang Huber (Berlin), bezeichnete
es als eine Stärke des Protestantismus, dass in ihm unterschiedliche politische Positionen
in einen Diskurs geführt würden. Zu den schwierigsten Phasen habe die Nachrüstungsdebatte
in den achtziger Jahren gehört. Die EKD habe auch intern Kontroversen zwischen unterschiedlichen
Strömungen erlebt; doch dabei habe letztlich die verbindende Kraft des Evangelischen
ihre Stärke erwiesen. Huber ist wie Schäuble Träger des Hermann-Ehlers-Preises, der
vom EAK verliehen wird. (idea 18.03.2012 sk)