„Die Gesundheit ist
ein Mysterium.“ Mit diesen Worten meldet sich Martin Werlen, Abt des Schweizer Benediktinerklosters
Einsiedeln, nach seinem schweren Sportunfall vor zwei Monaten zurück in der Öffentlichkeit.
Am Donnerstag erzählte der Abt einer Runde von Journalisten von seinem langen Genesungsprozess.
Seine Wortwahl – vor allem die Sache mit dem „Mysterium“ – spielte wohl auch darauf
an, dass nach dem Unfall vom 13. Januar die Informationen über seine gesundheitliche
Beeinträchtigung nur spärlich flossen.
„Es geht mir jetzt wieder sehr gut,
gerade wenn ich auf die beiden letzten Monate zurückblicke, so bin ich jetzt sehr
dankbar.“
Abt Werlen erlitt bei einem Sturz beim Badminton-Spiel eine schwere
Hirnverletzung. In seiner Rede, die Werlen großteils vom Manuskript ablas, schilderte
er nochmals, wie es zu dem Unfall kam.
„Ich hatte nach der Vesper – also
dem Abendgebet unseres Klosters – beschlossen, mit zwei jüngeren Mitbrüdern Federball
zu spielen. Ich wollte gegen beide spielen, um ihnen zu zeigen, wie fit ich bin. Ich
bin dann während des Spiels nach hinten ausgerutscht und an die Wand geprallt.“
Die
Leitung des Klosters abzugeben, daran hat Werlen in den Tagen und Wochen unmittelbar
nach dem Unfall nicht gedacht – dazu war er gesundheitlich einfach zu sehr angeschlagen,
erzählte der Abt freimütig. Erst später, als es ihm wieder etwas besser ging, sei
ihm ein möglicher Rücktritt in den Sinn gekommen. Denn mit dem Unfall habe er eine
Zeitlang die für das Amt nötigen Fähigkeiten verloren.
„Mittlerweile bin
ich aber sehr zuversichtlich, dass ich das Amt weiter bekleiden kann. Das haben mir
auch Gespräche mit Menschen aus meinem Umfeld bestätigt. Ich hoffe auch, dass die
Erfahrungen, die ich in dieser Zeit gemacht habe, anderen zugutekommt.“
Nach
dem Unfall konnte Abt Martin keine Zeitung lesen, die Nachrichten im Radio und Fernsehen
verstand er nicht. Ein Fernsehbericht über Einsiedeln, in dem auch von seinem Unfall
die Rede war, habe ihn nicht berührt, erzählte Werlen. Besonders habe er darunter
gelitten, dass er sich an kein einziges Gedicht mehr erinnern konnte.
Unzählige
verschiedene Therapien – Physio- und Ergotherapie, Hirnleistungs-Selbsttraining, neuropsychologische
und Logopädie-Sitzungen und andere mehr – haben dem Abt geholfen, seine Sprache wiederzufinden.
„Es war ein langer und schwieriger Prozess bis zum heutigen Tag, der viel
Geduld erforderte. Die Texte des Stundengebets, die ich laut betete, kamen mir in
den ersten Wochen immer wieder so vor, als ob ich sie zum ersten Mal hören würde.“
Bei
der Genesung machte der Abt aber doch von Woche zu Woche immer schnellere Fortschritte.
Ein Therapeut habe ihm auch gesagt: „Sie kommen mir vor wie eine Rakete!“ Doch die
Gesundheit eines jeden Menschen bleibe letztlich ein Mysterium, so Werlen: Das sei
ihm seit dem 13. Januar immer mehr klar geworden.