2012-03-09 11:32:37

Fastenpredigten für den Papst


RealAudioMP3 In der Vatikan-Kapelle Redemptoris Mater haben an diesem Freitag Fastenpredigten für Papst Benedikt und seine Mitarbeiter begonnen. Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa hat bei seinem Predigtzyklus das im Oktober beginnende „Jahr des Glaubens“ im Blick. Er denkt über die Aktualität der Kirchenväter nach, wünscht sich für das Glaubensjahr ihre Wiederentdeckung. An diesem Freitag dachte er über den heiligen Athanasius nach, vor allem über dessen Lehre zur Natur Christi.


„Die Göttlichkeit Christi ist heute der tatsächliche Glaubensartikel, mit dem die Kirche steht oder fällt“, führte Cantalamessa in der Predigt vor dem Papst aus. Zu anderen Zeiten, etwa während der Reformation, bot sich ein anderes Bild: da wurde „die Göttlichkeit Christi von allen geglaubt, stattdessen war die Rechtfertigung des Menschen vor Gott das große Thema“.

„Heute ist das nicht mehr so: Heute glaubt doch niemand, sich überhaupt rechtfertigen zu müssen, also auch nicht vor Gott. Die Selbst-Rechtfertigung des Menschen gehört zu vielen religiösen Angeboten von heute, bei New Age etwa. Die Göttlichkeit Christi hingegen ist ein Grundstein, auf dem zwei zentrale Geheimnisse des christlichen Glaubens aufruhen: die Dreifaltigkeit und die Inkarnation. Sie sind wie zwei Türen, die sich zusammen auftun oder schließen. Wenn man diesen Grundstein wegnimmt, stürzt das ganze Gebäude des christlichen Glaubens in sich zusammen.“

Die Theologen von heute sollten also nicht an diesen Grundstein rühren, so der Päpstliche Hausprediger. Erst am Donnerstag hatte die Internationale Theologenkommission des Vatikans ein Dokument veröffentlicht, das den Glauben und das Eingebundensein in die Kirche zu Bedingungen für das Betreiben von Theologie erklärt. Cantalamessa zeigte ein gewisses Unbehagen, was universitäre Theologie heute betrifft:

„Die Wissenschaft verlangt vom Menschen, dass er seine Materie dominiert und neutral ist gegenüber dem Objekt seiner Wissenschaft. Aber wie kann der Theologe den, den er als seinen Gott verehrt, dann als seine Materie dominieren, wie kann er neutral bleiben, wenn er an sein Studienobjekt Christus glaubt? Das war einer der Gründe, der mich vor vielen Jahren dazu gebracht hat, nicht mehr an der Universität zu unterrichten, sondern in den Predigtdienst überzuwechseln. Wenn die Welt der Wissenschaft Christus den Rücken zukehrt – so dachte ich damals –, dann drehe ich eben der Welt der Wissenschaft den Rücken zu!“


Aber die Lösung besteht auch nicht im Aufgeben der akademischen Theologie, räumt Cantalamessa ein. Im Gegenteil: In Italien mache sich doch gerade das Fehlen theologischer Fakultäten an staatlichen Universitäten negativ bemerkbar. Die katholisch-religiöse Kultur sei „in einem Ghetto“.

„In den weltlichen Buchhandlungen findet man praktisch kein religiöses Buch, der Dialog zwischen Theologie und menschlichem Wissen bzw. Philosophie findet aus gegenseitiger Entfernung statt. Ich sage in universitärem Umfeld öfter: Folgt nicht meinem Beispiel, der Welt der Wissenschaft den Rücken zu kehren! Das war ein privater Entschluss. Versucht vielmehr, eurem Forschen auch irgendeine pastorale Aktivität, die sich damit vereinbaren lässt, an die Seite zustellen. Natürlich darf man die Theologie nicht aus dem universitären Umfeld herausreißen, aber eines können die theologischen Akademiker tun: ihre Grenzen anerkennen. Anerkennen, dass ihr Ausdruck des Glaubens nicht der einzige und noch nicht einmal der höchste ist.“

(rv 09.03.2012 sk)








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