Russland: "Signale für bessere Möglichkeiten kirchlicher Sozialarbeit"
Die Möglichkeiten
der kirchlichen Sozialarbeit könnten sich unter Wladimir Putin als russischem Präsidenten
verbessern. Das denkt man beim katholischen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis, das mit
zahlreichen kirchlichen Partnern in Russland kooperiert. Erste „zarte Signale“ dafür
gebe es schon, berichtet Burkhard Haneke von Renovabis im Gespräch mit Radio Vatikan.
Um Liberalisierungen im Wirtschafts- und Sozialsystem werde Putin nicht umhinkommen;
das nütze auch den Kirchen und Hilfswerken und damit besonders den von ihnen betreuten
Menschen. Haneke erklärt:
„Es war immer schon ein Problem gewesen, dass
kirchliche Organisationen in Russland eigentlich keine anerkannte Sozialarbeit machen
konnten. Jedenfalls nicht so, dass sie damit rechnen konnten, eine Unterstützung dafür
seitens des Staates zu bekommen. Hier gibt es jetzt Signale, dass es zumindest auf
regionaler Ebene Gesetzesänderungen geben wird, die in die Richtung gehen, dass auch
kirchliche Organisationen Anträge stellen können, um im sozialen Bereich tätig zu
werden. Das sind so zarte Signale, bei denen man sagen kann: Putin sieht, dass er
gewissen Entwicklungen nicht wird aufhalten können.“ Schon vor den Wahlen sei
Putin auf die Vertreter der Kirchen und Religionen zugegangen und habe ihnen gegenüber
„mehr Liberalität seitens des Staates signalisiert“, ergänzt Haneke. Diese kleine,
aber feine Dynamik im Bereich der Gesetzgebung könnte der kirchlichen Sozialarbeit
in Russland neuen Schwung geben, hofft Haneke – etwa wenn Hilfsprojekte dank staatlicher
Anerkennung aufgestockt werden könnten. Ob Putins Regierung auch selbst mehr im Bereich
des Sozialwesens investieren wolle, etwa im Bereich der Armutsbekämpfung, das müsse
sich freilich noch zeigen:
„Im Wahlkampf wurde deutlich, dass Putin schon
auch in Richtung der armen Bevölkerung Versprechungen gemacht hat, die es jetzt einzulösen
gilt. Das heißt, er steht jetzt auch innerhalb des Landes unter Beobachtung. Es gibt
in Russland sehr viele Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, die man bei
120 Euro pro Kopf und pro Monat ansetzt. Zwischen zehn und 20 Prozent der Bevölkerung
vor allem in den ländlichen Regionen lebt unterhalb dieser Grenze.“
Die
Kritiker Putins in der russischen Bevölkerung gehörten vor allem aus den städtischen
Mittelschichten an, so Haneke weiter. Auch am Montagabend waren in Moskau wieder tausende
Menschen gegen den neuen Präsidenten auf die Straße gegangen. „Es scheint im
Moment nicht so zu sein, dass wir es hier mit einer großen revolutionären Protestwelle
zu tun haben, die durch das Land geht. Natürlich hat Putin es mit einer sehr dynamischen
Opposition zu tun, aber das ist eine Opposition vor allem in den Großstädten, zum
Beispiel die Mittelschicht-Intelligenzija in Moskau. Sie fordern mehr Freiheitsrechte,
mehr demokratische Wahlchancen und klagen, dass bei der Wahl nicht alles mit rechten
Dingen zugegangen ist.“
Nach dem am Montagabend veröffentlichten Endergebnis
stimmten bei der Präsidentenwahl am Sonntag 63,6 Prozent der Wähler für Putin. Die
Opposition und internationale Wahlbeobachter rügten Unregelmäßigkeiten bei dem Urnengang.
Die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
stellten im jeden dritten kontrollierten Wahllokal Unstimmigkeiten fest.
Die
russisch-orthodoxe Kirche begrüßte das Ergebnis der russischen Präsidentschaftswahlen.
In einem am Montag veröffentlichten Glückwunschtelegramm schreibt der Moskauer Patriarch
Kyrill I. an Wahlsieger Wladimir Putin: „Mit starker Unterstützung der Mehrheit der
russischen Wähler, unter ihnen Priester, Bischöfe und viele Gläubige der russisch-orthodoxen
Kirche, sind Sie wieder zum nationalen Führer gewählt worden.“ Die Menschen schätzten
die positive Entwicklung im Land, die auf Putins Politik zurückgehe.