Der politische Aufstieg der Muslimbrüder und der Salafiten könnte die Rolle von al-Azhar
beeinträchtigen. Die Kairoer Universität ist die wichtigste Autorität im sunnitischen
Islam und war früher für ihre eher moderaten Fatwas bekannt. „Es besteht kein Zweifel,
dass jetzt ein Kampf um al-Azhar begonnen hat“, sagte der al-Azhar-Professor Mohammed
Mehana der Nachrichtenagentur adn-kronos. Die neuen islamischen Strömungen seien „weit
vom moderaten und pluralistischen Denken von al-Azhar entfernt“, genössen aber große
Popularität bei den Ägyptern. Nach Angaben der Agentur arbeiten die salafitischen
Abgeordneten an einer Statutenreform für die Universität. Diese soll die Amtszeit
des Großscheichs beschränken, des geistlichen und geistigen Oberhauptes der Universität.
Auch soll der Großscheich künftig nicht mehr vom Präsidenten bestimmt, sondern gewählt
werden, vom Parlament oder sogar vom Volk. „Einrichtungen wie al-Azhar zu retten ist
vielleicht einer der kritischsten Punkte bei den bevorstehenden Präsidentenwahlen
oder bei der Verfassungsreform“, äußerte Salafistensprecher Mohammed Nour. Es sei
„außerordentlich wichtig, dass die Einrichtungen wirklich unabhängig sind, die entscheiden,
was islamisch ist und was nicht“. Der derzeitige Großscheich von al-Azhar, Ahmet el-Tayib,
gilt als moderat, wurde aber noch vom früheren Präsidenten Hosni Mubarak ernannt und
wird deswegen von vielen mißtrauisch beäugt.