Lang vorbereitet,
endlich eröffnet: Die große Ausstellung „Lux in Arcana" über das Vatikanische Geheimarchiv
in den Kapitolinischen Museen in Rom. 100 der wichtigsten, seltensten, schönsten und
kuriosesten Dokumente des päpstlichen Privatarchivs sind zu sehen. Rund zehn davon
betreffen den deutschen Sprachraum, darunter besonders Martin Luther. Der Präfekt
des Geheimarchivs, Bischof Sergio Pagano:
„In der Ausstellung ist zu sehen
das Register, das die Bulle Exsurge domine von 1520 beinhaltet. Damit verurteilte
Leo X. die Thesen Luthers. Im selben Register ist auch die Bulle verzeichnet, mit
der Luther exkommuniziert wurde. Das ist ein päpstliches Register, also ein schmuckloses
Verwaltungsdokument, aber eben mit sehr weitreichenden Folgen. Auch weil die originalen
Bullen, die nach Deutschland geschickt wurden, von Luther bekanntlich verbrannt wurden.
Das heißt, man kennt nicht den Wortlaut des Textes, außer durch spätere Kopien.“
Die
reformatorische Kirchenspaltung ist derart bedeutend, dass noch ein weiteres Dokument
über Luther in der Ausstellung zu sehen ist: Das Wormser Edikt von Karl V. gegen Martin
Luther von 1521, die Verhängung der Reichsacht über Reformator.
Die übrigen
Dokumente, die den deutschen Sprachraum betreffen, sind in chronologischer Reihenfolge:
Aus dem Jahr 962 das Privilegium Ottonianum von Otto I., eine Bestätigung des Kirchenstaates.
Dann das Wormser Konkordat von 1122 zwischen Papst Calixtus II. und Kaiser Heinrich
V., das den Investiturstreit über die Einsetzung der Bischöfe beendete. Aus dem Jahr
1164 stammt ein kaiserliches Dokument von Friedrich I. Barbarossa. Es folgen zwei
päpstliche Bullen, die deutsche Kaiser betreffen, nämlich aus dem Jahr 1245 die Bulle
Papst Innozenz IV. zur Absetzung Kaiser Friedrich II.; und die Bulle Clemens VII.
zur Kaiserkrönung von Karl V. aus dem Jahr 1530. Aus dem Jahr 1770 stammt ein Dokument,
das Wolfgang Amadeus Mozart betrifft: Die Verleihung des „Goldsporns“ an den erst
14-jährigen Musiker. Bischof Pagano:
„Mozart kam nach Rom, für eine Reise
mit dem Vater. Berühmt ist, dass er in der Sixtinischen Kapelle das Miserere von Allegri
hörte, das er dann Ton für Ton nur vom Hören her niedergeschrieben haben soll. Da
der 13jährige so berühmt war, wollte ihn der Papst in Privataudienz empfangen, und
dabei verlieh er ihm eine sehr hohe Auszeichnung, den so genannten Goldsporn, mit
dem auch ein Titel verbunden war, „Palatin-Graf“. Das zeigt die Wertschätzung, die
der Papst für den jungen Musiker hat, denn der Goldsporn wurde nur sehr selten verliehen.“
Aus dem 1868 stammt ein kleiner handschriftlicher Brief der Kaiserin Elisabeth
von Österreich, genannt Sissi, an Papst Pius IX. und aus dem Jahr 1945 schließlich
ein ganz unscheinbarer, tragischer Brief, die Frage nach Auskunft über den Verbleib
von Edith und Rosa Stein im Zweiten Weltkrieg.
Das Vatikanische Geheimarchiv
hat seit jeher die Phantasien beflügelt: Romanciers und Filmregisseure fabrizierten
ganze Mystery-Thriller rund um die mutmaßlichen Inhalte oder Nicht-Inhalte der päpstlichen
Dokumentesammlung. Die Ausstellung greift das so entstandene Interesse auf und stellt
in eigens gedrehten Filmen das Archiv in der Realität vor: Die langen unterirdischen
Gänge, die Menschen, die die Archivalien katalogisieren, die Restaurateure, die alte
Pergamente in die Zukunft retten.
Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone
eröffnete die Ausstellung an diesem Mittwoch. Bei der Vorstellung der großen Schau
vor im Juli vergangenen Jahres erklärte er den Zweck der Öffnung:
„Lux in
Arcana, ein sehr passender Titel für die Ausstellung: Arcana meint hier nicht „Regierungsgeheimnis“,
sondern die verborgenen, sehr weitläufigen Räumlichkeiten der Archive, die dazu da
sind, die Schätze zu erhalten, die sie bergen. Ich wünsche mir also, dass sich in
den sieben Monaten der Ausstellung das Licht ausbreitet und die Archive solcherart
erhellt werden, sodass die Besucher die echten Schätze des Vatikanischen Geheimarchivs
sehen können. Das sind seine unzähligen Pergamente und Handschriften und Codices,
Akte, Dokumente, die von den römischen Päpsten seit nunmehr vier Jahrhunderten dort
abgelegt werden, damit sie den Historikern und der Gelehrten zur Verfügung stehen.“
Die
Ausstellung ist bis zum 9. September in den Kapitolinischen Museen zu sehen.