2012-02-24 12:43:37

Afghanistan: Unruhen wegen Koranverbrennung behindern humanitäre Hilfen


Gegen jegliche Bücherverbrennungen und für mehr religiöses Feingefühl in islamisch geprägten Ländern haben sich christliche Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen ausgesprochen. Anlass sind heftige Demonstrationen und Ausschreitungen in Afghanistan in Folge eines „Unfalls“: US-Soldaten hatten im Militärstützpunkt Bagram – offenbar aus Versehen – Exemplare des Korans und andere islamische Schriften im Müll „entsorgt“. Bei wütenden Protesten in verschiedenen Teilen des Landes in Folge des Vorfalls kamen mehrere Menschen ums Leben, zahlreiche wurden verletzt. In einem Brief an den afghanischen Präsidenten Hamid Karzai hatte sich US-Präsident Barack Obama entschuldigt: Es handele sich um einen „Unfall“, so der US-Präsident, der den Fall umgehend untersuchen lassen will.
Pater Giuseppe Moretti, Missionar der Barnabiten in Afghanistan, kommentiert den Fall im Interview mit Radio Vatikan:

„Soviel ich weiß, waren die Exemplare, die verbrannt wurden, beschlagnahmtes Material, das bei Extremisten gefunden wurde. Die Soldaten haben wohl nicht daran gedacht, dass es sich u.a. auch um Koranexemplare handeln könnte. Selbstverständlich hätten sie das vorher kontrollieren sollen.“

Der Vorfall zeige, dass eine Armee „auch ohne Waffen“ viel Unheil anrichten könne, so Pater Moretti. Die Taliban nützten die Proteste derweil aus, um neue Mitglieder anzuwerben. Wirklich Rückhalt hätten sie in der afghanischen Bevölkerung aber nicht, fügt der Missionar an:

„Die Menschen sehnen sich hier sicherlich nicht nach den Taliban. Das afghanische Volk will endlich Frieden. Es ist glücklich, dass Mädchen wieder seit zehn Jahren Schulen besuchen dürfen. Es gibt sogar Regionen hier, wo Frauen wichtige Behörden leiten! Das geschieht zwar alles noch im Kleinen, aber ich denke, das ist der richtige Weg.“

Bundeswehrsoldaten sind „religiös sensibel“

Die Demonstrationen gegen die ausländischen Truppen behindern momentan die humanitäre Hilfe aus dem Ausland. Das berichtet der deutsche Direktor des seit 1988 in Afghanistan tätigen internationalen christlichen Hilfswerkes „Shelter Now“ (Zuflucht Jetzt), Udo Stolte. Viele Muslime seien über die Schändung ihrer heiligen Schriften so aufgebracht, dass sich ihre Wut gegen alle westlichen Ausländer richte, sagte Stolte am Donnerstag der Evangelischen Nachrichtenagentur idea auf Anfrage. Shelter Now rate den ausländischen Mitarbeitern deshalb, in ihren Büros und Gebäuden zu bleiben.

Die in Afghanistan eingesetzten Soldaten der Bundeswehr sind laut Stolte gut auf die kulturellen Gegebenheiten vorbereitet; sie nähmen Rücksicht auf die religiösen Gefühle von Muslimen. Stolte mahnte zugleich zu Respekt vor dem Islam: Muslime verehrten den Koran als heiliges Buch.

Shelter Now betreibt mit einer eigenen Organisation in Afghanistan Projekte zur medizinischen Versorgung, zur Schulbildung und zum Wiederaufbau der Landwirtschaft. Von den 29,8 Millionen Einwohnern Afghanistans sind etwa 99 Prozent Muslime. Die Zahl der Christen, meist Ausländer, wird auf etwa 10.000 geschätzt.

(rv/idea 24.02.2012 mg)








All the contents on this site are copyrighted ©.