Benedikt XVI. rät Priestern und Christen überhaupt zu mehr Demut. Das sei eine originär
christliche Tugend, „die in den Tugendkatalogen aus vorchristlicher Zeit noch nicht
auftaucht“. „Hochmut hingegen ist die Ursünde schlechthin“, meinte der Papst an diesem
Donnerstag bei einer „Lectio divina“ im Vatikan für den Klerus von Rom. Er glaube,
„dass die kleinen Demütigungen, die wir Tag für Tag erleben, heilsam sind“: Sie hülfen
dabei, die eigene Wahrheit nicht absolut zu setzen „und zu lernen, meinen Platz in
der Kirche zu akzeptieren, meinen kleinen Dienst als groß in den Augen Gottes zu erkennen“.
Eine solche Demut mache den Menschen frei, so Benedikt XVI. Als weitere wichtige Tugenden
für einen Christen nannte er Sanftmut und Gewaltlosigkeit: „Die Christen sind die
Gewaltlosen. Sie sind die Gegner aller Gewalt.“
Das bevorstehende Jahr des
Glaubens, das er ab Oktober 2012 ausgerufen hat, nannte Papst Benedikt „ganz konkret
auch ein Jahr des Katechismus“: „Wir erneuern das Konzil nur, wenn wir den Inhalt
des Katechismus uns neu aneignen. Der religiöse Analphabetismus ist ein großes Problem
der Kirche unserer Zeit.“ Er bezeichnete es ebenfalls als Problem, dass selbst gute
Theologen heutzutage nicht an die Allmacht Gottes glaubten. Und er kritisierte den
Ausdruck vom „erwachsenen Glauben“, der auch ohne das kirchliche Lehramt auskomme:
„Das ist kein erwachsener Glaube, sondern das wird zu einer Abhängigkeit von den Wellen
und Meinungen der Welt, der Medien, der öffentlichen Meinung. Das ist keine wahre
Emanzipation.“
Der Papst riet auch dazu, Dienst und Charisma in der Kirche
nicht als etwas Entgegengesetzes zu begreifen. „Du kannst kein Priester sein, wenn
du nicht charismatisch bist“, so Benedikt. Aus dieser Sicht lasse sich „verstehen,
warum die Kirche im Westen Priesteramt und Zölibat miteinander verknüpft hat: Das
Priesteramt ist Charisma und muss mit dem Charisma der völligen Selbsthingabe verbunden
werden“. Das „eschatologische Zeichen des Zölibats“ sei heute „ebenso nötig wie das
der Ehe und der Familie“.