Nicht Frömmelei, sondern Verantwortung: Notker Wolf OSB zur Fastenzeit
„Lasst uns aufeinander
achten und uns zu Liebe und guten Taten anspornen“ – um diesen Satz aus dem Hebräerbrief
des Neuen Testaments kreist dieses Jahr die Botschaft von Papst Benedikt XVI. zur
Fastenzeit.
„Es gilt, wach zu werden für unsere Verantwortung für die Not
anderer“: Das sagt uns der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, der übrigens auch
ein bekannter Bestsellerautor ist. „Es gilt, über unseren Individualismus hinauszuwachsen.“
Die Kirche trage die Verantwortung, darauf in aller Offenheit „und gleichzeitig Barmherzigkeit“
hinzuweisen. „Sie verdammt nicht, sondern möchte und muss herausfordern.“ Der Abtprimas
nennt in seinem Fastenimpuls für uns da auch ein ganz konkretes Beispiel: „An der
Basis der gegenwärtigen Finanzkrise steht die Gier, die skrupellose Bereicherung auf
Kosten anderer.“ Gerade da bräuchten die Menschen von heute „ein erneuertes Verständnis
für die Nöte der Armen, die von den Reichen abgehängt werden“, so Notker Wolf.
„Der
Mensch verkapselt sich allzu leicht in sich selbst, statt Gott in den Mittelpunkt
des Lebens zu rücken.“ Aber Gott aus dem Leben zu verdrängen führe in eine „besondere
Verarmung“: „Denn Gott fordert uns heraus zu Solidarität und zum Teilen mit anderen.
Die gegenwärtige Armut mitten im Reichtum besteht im Verlust der größeren Dimension
des menschlichen Lebens.“ Menschen seien angelegt auf ein Leben „über diese Welt hinaus“
– das meine der Papst, wenn er in seiner Botschaft von „Heiligkeit“ spreche. „Eine
Heiligkeit, die nicht in Frömmelei besteht, sondern in der konkreten Verantwortung
für den Nächsten!“
Fastenzeit – das habe schon in der frühen Kirche nicht nur
Enthaltsamkeit bedeutet, sondern „immer auch die Sorge für den anderen“: „sich vom
Munde etwas abzusparen, um es mit anderen zu teilen“. Traditionsgemäß eröffnet Papst
Benedikt die Fastenzeit 2012 an diesem Nachmittag mit einem Gebet in Notker Wolfs
Abtei Sant`Anselmo auf dem römischen Aventin.