Der Libanon, einst
ein Vorzeigeland für interreligiöse Zusammenarbeit, ist wieder einmal gespalten: Dieses
Mal über die Frage der Unterstützung von Syriens Präsident Assad oder seiner Gegner.
Die Bevölkerung des Libanon ist zu etwa 60 % muslimisch; etwa 40 % der Bevölkerung
gehören zu verschiedenen christlichen Konfessionen. Nach dem Bürgerkrieg gab es einige
Jahrzehnte Ruhe im Land, stabilisiert auch durch den starken Nachbarn Syrien. Dessen
Bürgerkrieg zeige nun seine Auswirkungen im Libanon. Das sagt im Gespräch mit Radio
Vatikan die Direktorin des Flüchtlingsdienstes der Caritas Libanon, Najla Chahda:
„Wir
sind politisch entzweit. Einige sind gegen das Regime in Syrien und dagegen, was dort
mit Zivilisten passiert. Andere denken anders, auch wenn sie das nicht laut sagen.
Letzte Woche gab es in Tripoli im Norden unseres Landes die ersten Auseinandersetzungen.
Die Libanesen haben wirklich Angst, sich dort einzumischen, und das ist auch die Position
der libanesischen Regierung. Wir wollen nicht schon wieder einen Konflikt im Libanon
haben. Deswegen beziehen wir nicht stärker gegen das syrische Regime Stellung.“
Man
habe schlicht Angst, dass der Bürgerkrieg aus Syrien ins eigene Land eindringt. Auch
dass die Arabische Liga sich nun auf die Seite der syrischen Aufständischen stellt,
erhöht die Wahrscheinlichkeit der Destabilisierung Libanons. Aber die Liga ist nicht
einmal das größte Problem, so Chahda:
„Besonders weil Al Kaida die Order
ausgegeben hat, die Aufständischen zu unterstützen, haben die Libanesen Angst, vor
allem die Christen, denn sie befürchten Konsequenzen für die Balance zwischen den
einzelnen Bevölkerungsteilen im Land. Da gibt es viel Sorge und viel Angst.“
Katholische
Organisationen im Libanon wie etwa die Caritas nehmen immer mehr Flüchtlinge aus Syrien
auf: Offiziell sind es 6.100, Najla Chahda geht aber eher von mehr als 10.000 Flüchtlingen
aus.
„Das ist immer noch eine sehr kleine Zahl. Wir glauben, dass viele
Christen ihre Dörfer in Syrien nicht verlassen, erstens aus Sicherheitsgründen: Es
ist gefährlich, das Land zu durchqueren. Zweitens möchten sie aber auch bleiben, um
wenigstens das beschützen zu können, was ihnen geblieben ist.“
Die Notunterkünfte,
die die Caritas für die erwartete Flüchtlingswelle errichtet, sind in Zusammenarbeit
mit der Caritas Österreich auf dem Grund und Boden verschiedener Klöster errichtet
worden, allein in Beirut sind es neun. Die bisherigen Flüchtlinge sind vor allem in
Gastfamilien untergekommen, häufig bei Familienangehörigen, die selbst sehr arm sind.
Allen, den Libanesen wie den Flüchtlingen aus Syrien, sei ein Wunsch gemeinsam:
„Sie brauchen als erstes Sicherheit, die Menschen wollen sich endlich sicher
fühlen.“