2012-02-18 12:09:08

Italien: Auf dem Mars in Pisa


„Ihr wollt den Mars sehen? Fahrt nach Pisa!“, so der Vatikan-Fachmann für das Weltall, Jesuitenpater Gabriel Funes. Die Geburtsstadt des großen Physikers Galileo Galilei greift nach den Sternen: Am 10. März öffnet der Palazzo Blu seine Pforten, um Himmelsträumer und Weltraumforscher mit „Geschichten aus der anderen Welt“ ins Staunen zu versetzen.


RealAudioMP3 Die in vielerlei Hinsicht einzigartige Ausstellung, die die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft unseres Universums schildert, soll den „Blick nach oben“ öffnen, erklärt der Direktor der Vatikanischen Sternwarte, Jesuitenpater Gabriel Funes.


„Manchmal haben wir das Gefühl, von den kleinen und großen Problemen der Menschheit ,erdrückt‘ zu werden, oder auch von unseren eigenen, persönlichen Problemen, denen unserer Gesellschaft, der Wirtschaftskrise, zum Beispiel. Ohne von unseren täglichen Problemen ablenken zu wollen, hoffe ich, dass uns diese Ausstellung helfen wird, den Blick nach oben zu richten, um den Himmel zu betrachten, der über uns und in uns ist, denn auch wir sind ein Teil der Sterne.“


Die Geschichte des Universums kann nicht ohne die „kleine“ Geschichte der Menschheit erzählt werden. Und erst recht nicht ohne die Forscher, die den „Blick nach oben“ gewagt haben: Galileo, Kopernikus, Newton, Einstein: Das sind die klügsten Köpfe der Wissenschaft, sozusagen die „Autoren“ der „Geschichten aus der anderen Welt“. In der Ausstellung hat der Besucher die einmalige Gelegenheit, originale Texte dieser Gelehrten zu bestaunen. Aber damit nicht genug: Die Vatikanische Sternwarte, eine der Initiatoren der Ausstellung, zeigt ihre wertvollsten Funde, sozusagen die Schätze ihrer Sammlungen. Dazu Pater Funes:


„Die Ausstellung zeigt Meteoriten, unter denen sich einige sehr wertvolle Stücke befinden. Wie zum Beispiel Mondgestein und einen Meteoriten, der höchstwahrscheinlich vom Mars stammt. 2009, als der Heilige Vater die Vatikanische Sternwarte eingeweiht hatte, durfte er diesen Meteoriten, der wahrscheinlich vom Mars stammt und in Ägypten, in Nakhla, gefunden wurde, in seinen Händen halten. Nicht einmal der Papst durfte ihn direkt berühren, sondern nur mit einem Tuch in die Hände nehmen. Man könnte sagen, dass er den Mars in seinen Händen hielt. Wir haben davon ein Foto in Castel Gandolfo. Der Osservatore Romano setzte dieses Bild am Tag darauf auf seine Titelseite und schrieb darüber: ,Der Mars in den Händen des Papstes‘“.


Aber nicht nur die Exponate sind außergewöhnlich, sondern auch die Organisatoren der Ausstellung. Neben der Vatikanischen Sternwarte stellen das Nationale Institut für Nuklearphysik (INFN) und der Lehrstuhl Physik der Universität Pisa ihr Wissen für die Öffentlichkeit bereit. Aus der Zusammenarbeit dieser grundverschiedenen Forschungsinstitute entstand eine einzigartige Ausstellung, erinnert Cosimo Bracci Torsi, der Präsident des Palazzo Blu in Pisa.


„Der Pfad durch die Ausstellung führt vorbei an spektakulären Bildern, hochinteressanten Instrumenten und außerordentlichen Funden, wie Mineralien vom Mond und vom Mars. Der Besucher wir auf eine faszinierende Reise mitgenommen. Sie beginnt in unserem Sonnensystem und bei unserer materiellen Natur, führt zu den Sternen unserer und anderer Galaxien und endet schließlich an den Grenzen des Raum-Zeit-Kontinuums, bei unserem aktuellen Wissensstand.“


Dieser heutige Wissensstand ist quasi nichts verglichen mit den zahlreichen ungelösten Fragen, die die Forschung noch nicht beantworten kann, bekennt Professor Antonio Masiero vom Nationalen Institut für Nukleare Physik.


„Je mehr wir herausfinden und erkennen, desto mehr Fragen tauchen auf, die Hand in Hand mit unseren neuesten Erkenntnissen gehen. Das können wir nicht leugnen. Das, was wir bis heute wissen, ist nur ein kleiner, wenn nicht winziger Teil dessen, was das Universum zu bieten hat. Wir kennen nur etwa fünf Prozent der Energie und Materie im Weltall. Das wird auch die Ausstellung zeigen.“


Der Weltraum stellt für uns heute noch zu 95 Prozent ein Rätsel dar. Und das, obwohl wir den Himmel schon seit Jahrtausenden beobachten. Wir können mit unserem heutigen Wissen schon unglaublich viel berechnen, schlussfolgern und vorhersagen. Aber der Weltraum funktioniert nach anderen Zeiten und anderen Gesetzen als unser kleiner Planet. Dort oben zählt nicht nur die klassische Physik. Es gelten auch die Gesetze der Quantenmechanik: Makrokosmos und Mikrokosmos, zwei scheinbar völlig unterschiedliche Welten, die sich in der Astronomie allerdings gegenseitig bedingen und ergänzen. So werden die Besucher der Ausstellung auf eine Reise in die unendlichen Weiten, aber auch in die kleinsten Atome des Universums geschickt. Antonio Masiero:

„Es ist eine Wissensreise in die zwei Extremen des Universums: Eine Reise in das Universum als großes, komplexes Extrem. Aber auch eine Reise in die extrem kleinen, ja undefinierbar kleinen Teile des Weltraums, bis ins Herz der Materie.“


Und damit befinden sich die Besucher auch auf einer Reise in sich selbst, in ihre Existenz, denn der Blick in den Sternenhimmel der Gegenwart gleicht einem Ausflug in die Vergangenheit, der unsere Sicht auf die Zukunft verändert. Die „Geschichten aus der anderen Welt“, so der Titel der Ausstellung, können bis zum 1. Juli in Pisa bewundert werden. Sie öffnen den „Blick nach oben“ und weiten unseren Horizont ins Unendliche.


(rv 17.02.2012 tk)








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