„Ihr wollt den Mars sehen? Fahrt nach Pisa!“, so der Vatikan-Fachmann für das Weltall,
Jesuitenpater Gabriel Funes. Die Geburtsstadt des großen Physikers Galileo Galilei
greift nach den Sternen: Am 10. März öffnet der Palazzo Blu seine Pforten, um Himmelsträumer
und Weltraumforscher mit „Geschichten aus der anderen Welt“ ins Staunen zu versetzen.
Die in vielerlei Hinsicht
einzigartige Ausstellung, die die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft unseres
Universums schildert, soll den „Blick nach oben“ öffnen, erklärt der Direktor der
Vatikanischen Sternwarte, Jesuitenpater Gabriel Funes.
„Manchmal haben
wir das Gefühl, von den kleinen und großen Problemen der Menschheit ,erdrückt‘ zu
werden, oder auch von unseren eigenen, persönlichen Problemen, denen unserer Gesellschaft,
der Wirtschaftskrise, zum Beispiel. Ohne von unseren täglichen Problemen ablenken
zu wollen, hoffe ich, dass uns diese Ausstellung helfen wird, den Blick nach oben
zu richten, um den Himmel zu betrachten, der über uns und in uns ist, denn auch wir
sind ein Teil der Sterne.“
Die Geschichte des Universums kann nicht
ohne die „kleine“ Geschichte der Menschheit erzählt werden. Und erst recht nicht ohne
die Forscher, die den „Blick nach oben“ gewagt haben: Galileo, Kopernikus, Newton,
Einstein: Das sind die klügsten Köpfe der Wissenschaft, sozusagen die „Autoren“ der
„Geschichten aus der anderen Welt“. In der Ausstellung hat der Besucher die einmalige
Gelegenheit, originale Texte dieser Gelehrten zu bestaunen. Aber damit nicht genug:
Die Vatikanische Sternwarte, eine der Initiatoren der Ausstellung, zeigt ihre wertvollsten
Funde, sozusagen die Schätze ihrer Sammlungen. Dazu Pater Funes:
„Die
Ausstellung zeigt Meteoriten, unter denen sich einige sehr wertvolle Stücke befinden.
Wie zum Beispiel Mondgestein und einen Meteoriten, der höchstwahrscheinlich vom Mars
stammt. 2009, als der Heilige Vater die Vatikanische Sternwarte eingeweiht hatte,
durfte er diesen Meteoriten, der wahrscheinlich vom Mars stammt und in Ägypten, in
Nakhla, gefunden wurde, in seinen Händen halten. Nicht einmal der Papst durfte ihn
direkt berühren, sondern nur mit einem Tuch in die Hände nehmen. Man könnte sagen,
dass er den Mars in seinen Händen hielt. Wir haben davon ein Foto in Castel Gandolfo.
Der Osservatore Romano setzte dieses Bild am Tag darauf auf seine Titelseite und schrieb
darüber: ,Der Mars in den Händen des Papstes‘“.
Aber nicht nur die
Exponate sind außergewöhnlich, sondern auch die Organisatoren der Ausstellung. Neben
der Vatikanischen Sternwarte stellen das Nationale Institut für Nuklearphysik (INFN)
und der Lehrstuhl Physik der Universität Pisa ihr Wissen für die Öffentlichkeit bereit.
Aus der Zusammenarbeit dieser grundverschiedenen Forschungsinstitute entstand eine
einzigartige Ausstellung, erinnert Cosimo Bracci Torsi, der Präsident des Palazzo
Blu in Pisa.
„Der Pfad durch die Ausstellung führt vorbei an spektakulären
Bildern, hochinteressanten Instrumenten und außerordentlichen Funden, wie Mineralien
vom Mond und vom Mars. Der Besucher wir auf eine faszinierende Reise mitgenommen.
Sie beginnt in unserem Sonnensystem und bei unserer materiellen Natur, führt zu den
Sternen unserer und anderer Galaxien und endet schließlich an den Grenzen des Raum-Zeit-Kontinuums,
bei unserem aktuellen Wissensstand.“
Dieser heutige Wissensstand ist
quasi nichts verglichen mit den zahlreichen ungelösten Fragen, die die Forschung noch
nicht beantworten kann, bekennt Professor Antonio Masiero vom Nationalen Institut
für Nukleare Physik.
„Je mehr wir herausfinden und erkennen, desto mehr
Fragen tauchen auf, die Hand in Hand mit unseren neuesten Erkenntnissen gehen. Das
können wir nicht leugnen. Das, was wir bis heute wissen, ist nur ein kleiner, wenn
nicht winziger Teil dessen, was das Universum zu bieten hat. Wir kennen nur etwa fünf
Prozent der Energie und Materie im Weltall. Das wird auch die Ausstellung zeigen.“
Der
Weltraum stellt für uns heute noch zu 95 Prozent ein Rätsel dar. Und das, obwohl wir
den Himmel schon seit Jahrtausenden beobachten. Wir können mit unserem heutigen Wissen
schon unglaublich viel berechnen, schlussfolgern und vorhersagen. Aber der Weltraum
funktioniert nach anderen Zeiten und anderen Gesetzen als unser kleiner Planet. Dort
oben zählt nicht nur die klassische Physik. Es gelten auch die Gesetze der Quantenmechanik:
Makrokosmos und Mikrokosmos, zwei scheinbar völlig unterschiedliche Welten, die sich
in der Astronomie allerdings gegenseitig bedingen und ergänzen. So werden die Besucher
der Ausstellung auf eine Reise in die unendlichen Weiten, aber auch in die kleinsten
Atome des Universums geschickt. Antonio Masiero:
„Es ist eine Wissensreise
in die zwei Extremen des Universums: Eine Reise in das Universum als großes, komplexes
Extrem. Aber auch eine Reise in die extrem kleinen, ja undefinierbar kleinen Teile
des Weltraums, bis ins Herz der Materie.“
Und damit befinden sich die
Besucher auch auf einer Reise in sich selbst, in ihre Existenz, denn der Blick in
den Sternenhimmel der Gegenwart gleicht einem Ausflug in die Vergangenheit, der unsere
Sicht auf die Zukunft verändert. Die „Geschichten aus der anderen Welt“, so der Titel
der Ausstellung, können bis zum 1. Juli in Pisa bewundert werden. Sie öffnen den „Blick
nach oben“ und weiten unseren Horizont ins Unendliche.