„Ich finde es bedauerlich, dass erst durch ein Handeln der Staatsanwaltschaft der
Rücktritt erfolgt ist“, schreibt der Hamburger Erzbischof Werner Thissen. Und er fragt:
„Was bedeutet es für unsere staatsbürgerliche Reife in Deutschland, wenn zuerst ein
Bundespräsident viel zu früh zurücktritt und dann sein Nachfolger viel zu spät?“
Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle, aus dessen Bistum Wulff stammt, lobt hingegen,
dass Wulff Schaden vom Amt des Präsidenten und vom „Ansehen Deutschlands abwenden“
wolle. Wulff habe „in seiner kurzen Dienstzeit als Bundespräsident wichtige Akzente
gesetzt“, etwa mit seiner Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, und das Christentum
gehöre zur Türkei. Trelle wörtlich: „Christian Wulff hat damit Brücken gebaut zwischen
den Menschen, aber auch zwischen Völkern.“ Er schätze Wulff und „würde es sehr bedauern,
wenn er in seinen politischen Ämtern die Grenzen des Erlaubten überschritten hätte“.
Trelle hofft, „dass die Staatsanwaltschaft alle Vorwürfe gegen Christian Wulff schnell
und umfassend aufklärt“.
Als schmerzhaften, aber für die politische Kultur
in Deutschland richtigen Schritt wertet der Präsident des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken (ZdK), Alois Glück, die Nachricht von Wulffs Rücktritt. „Nach den Entwicklungen
der letzten Wochen“ sei das „ein folgerichtiger Schritt“: „In der gegebenen Situation
wäre die notwendige Wirksamkeit als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland
nicht mehr möglich.“ Mit dem Rücktritt solle aber nicht vergessen werden, dass Wulff
als Bundespräsident zahlreiche drängende gesellschaftliche Themen aufgegriffen und
vorangebracht habe. Glück erwähnt Wulffs „für die Katholiken in Deutschland ermutigenden
Worte beim Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland“. Für die politische Kultur
in Deutschland sei es jetzt „auch wichtig, dass es zu einer angemessenen kritischen
Auseinandersetzung mit den Begleiterscheinungen der Berichterstattung kommt, wenn
etwa Tatsachen, Gerüchte und Spekulationen miteinander vermengt werden“.