Erzbischof Woelki: „Manchmal denke ich noch, ich sei im falschen Film“
Erzbischof Woelki
wurde an diesem Samstag in Rom zum Kardinal erhoben. Im Interview mit Radio Vatikan
spricht er darüber, wie er den schellen „Aufstieg“ vom Weihbischof zum Kardinal verarbeitet
hat; weiter spricht er über den „heilsamen Streit“ in der deutschen Kirche und über
seine Perspektiven im Vatikan.
Herr Erzbischof, innerhalb eines Jahres
vom Weihbischof in Köln zum Kardinal der Weltkirche ist ein rasanter Aufstieg, wie
geht es Ihnen damit?
„Na ja, ich tue mich immer schwer damit,
das als Aufstieg zu bezeichnen. Es ist natürlich so, dass es eine bewegende Zeit für
mich gewesen ist, und manchmal denke ich, ich sei im falschen Film und muss mich selber
kneifen. Vor einem Jahr war ich zur Visitation im Dekanat Neuss und habe dort die
Gemeinden besucht und hatte ganz andere Fragen, ganz andere Probleme. Ich hätte das
eigentlich auch nicht für möglich gehalten.“
Was für eine Zukunft sehen
Sie für sich im Vatikan und in der Weltkirche?
„Zunächst einmal
bin und bleibe ich Erzbischof von Berlin, das ist meine Hauptaufgabe und ich bin für
die Berliner und Berlinerinnen da. Sie haben Recht, durch das Kardinalat kommen auch
verantwortliche Aufgaben in der Universalkirche dazu. Das Kardinalskollegium bildet
den Senat des Papstes und wird ihn in wichtigen Fragen, die die Weltkirche angehen,
beraten. Wir haben heute schon zusammen gesessen und über Fragen der Neuevangelisierung
gesprochen und beraten. In welche Kongregation ich dann hinein komme, das steht glaube
ich alles noch nicht fest. Ich weiß nicht, für welche Aufgaben ich hier weiter vorgesehen
bin.“
Eine Ihrer Aufgaben wird es sein, die deutsche Kirche im Vatikan
zu vertreten. Die Wahrnehmung ist ja diskrepant; wie man im Vatikan die deutsche Kirche
sieht, ist ja vielleicht verschieden von der Wahrnehmung in Deutschland selbst. Sie
selbst haben einmal davon gesprochen, dass Berlin eine „christliche Stadt“ sei. Was
für eine Art von Kirche vertreten Sie dann hier?
„Nun, ich
werde versuchen, die Kirche Jesus Christi zu vertreten, die unterscheidet sich nicht
in der Situation in Berlin oder New York oder in Paris. Es geht darum, dass wir hier
in Berlin oder in Rom für die Universalkirche die Essentials des Evangeliums zur Sprache
bringen. Darum müssen wir ringen.“
A propos „ringen“: Sie haben auch
davon gesprochen, dass der Streit in der deutschen Kirche „heilsam“ sei, was ja auch
nicht in allen Teilen der Kirche so gesehen wird. In welcher Hinsicht ist das Streiten
heilsam?
„Ich finde, dass das zu einer Lebendigkeit dazugehört.
Und unterschiedliche Positionen und Meinungen sind schon im neuen Testament feststellbar,
dafür stehen Petrus und Paulus und das Apostelkonzil. Das gehört von Anfang an dazu,
dass man unterschiedlicher Auffassung ist. Aber auch da geht es darum, zu hören, was
der Geist Gottes uns sagen will. Dazu gehört es, dass wir die Argumente austauschen,
aber sie müssen eben im Evangelium verankert sein. Dann wird man eine Lösung miteinander
suchen und finden müssen.“
An diesem Freitag ist ihr erster Tag im Kardinalskollegium,
noch vor dem eigentlichen Konsistorium. Was genau hat da stattgefunden?
„Wir haben uns in der Synodenaula getroffen und haben dann mit dem Heiligen
Vater zunächst zwei Referate gehört, eines vom Erzbischof von New York, der über die
Neuevangelisierung aus seiner US-amerikanischen Sicht heraus gesprochen hat, aber
auch versucht hat, das für die Weltkirche fruchtbar zu machen. Dann hat Erzbischof
Fisichella [Anm. der Red.: Leiter des Rates für die Neuevangelisierung] über das Jahr
des Glaubens gesprochen. Es war natürlich schon ein etwas merkwürdiges Gefühl, jetzt
auf einmal in diesem erlauchten Kreis zu sitzen. Da ist mir eigentlich das erste Mal
bewusst geworden, was es jetzt heißt, Kardinal zu sein.“
Sind Sie denn
schon ein Berliner?
„Ja, ich bin Berliner und dort angekommen.
Ich bin angemeldet und fühle mich auch eigentlich jeden Tag wohler dort und lerne
die Stadt und die Menschen und das Bistum immer besser kennen. Insofern bin ich ein
Berliner.“