Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat sich erstmals direkt zu den anhaltenden
Spekulationen um seine mögliche Berufung an die römische Kurie geäußert. Gegenüber
der Nachrichtenagentur „dpa“ bestätigte der 64-Jährige, dass es „schon Gespräche mit
Rom darüber“ gegeben habe.
Konkret geht es um die Nachfolge von Kardinal William
J. Levada als Präfekt der Glaubenskongregation. Der 75-jährige US-Amerikaner hat bereits
altersgemäß seinen Rücktritt eingereicht, Papst Benedikt XVI. hat aber noch nicht
darüber entschieden. „Es würde mich nicht in dem Sinne reizen, dass ich es für mein
eigenes Ego bräuchte, aber es ist natürlich eine Tätigkeit, die mit meinem bisherigen
Werdegang als Theologie-Professor viel zu tun hat“, ließ sich Müller von der dpa zitieren.
Wenn ihn der Ruf ereilte, könnte man, so der Bischof, „formell natürlich Nein sagen,
aber es gehört sich einfach nicht, dem Papst gegenüber Nein zu sagen.“ Auch wenn es
sich bei der Leitung einer Diözese um eine „ureigene, schöne Aufgabe“ handele, die
niemand leichtfertig aufgebe. Am Ende entscheide Benedikt XVI., „wann, wie und wen“
er auf dem Posten haben wolle.
„Nachvollziehbarer Schachzug“?
In
einem Kommentar zu dem Interview schreibt die Katholische Nachrichten-Agentur, dass
der Agenturbericht zum Stand des Verfahrens „nichts Neues“ biete. Jedoch sorge allein
schon die Tatsache für Aufsehen, „dass der Bischof es nicht mit einem erwartbaren
knappen Dementi bewenden ließ“. Denn es sei ungewöhnlich, dass sich Kandidaten, die
prinzipiell für ein kirchliches Amt in Frage kommen, derart vorab äußerten.
In
Bayern werde das Verhalten Müllers als „nachvollziehbarer Schachzug“ bewertet, so
die KNA weiter. Er habe damit den anhaltenden Berichterstattungsdruck abbauen wollen
und zugleich klug jedem denkbaren Ausgang vorgebaut. Dass der Papst Müller vor allem
als Theologen schätzt, sei unstrittig. Sonst hätte er dem Regensburger Bischof nicht
die Herausgabe seiner gesammelten Werke anvertraut. Auch Müllers Dogmatik-Lehrbuch
habe das Kirchenoberhaupt mit einem anerkennenden Kommentar versehen.
Müller
habe indes durch prägnante Äußerungen zu den Piusbrüdern aufhorchen lassen. Als der
Papst seine Versöhnungsinitiative startete, ließ der Regensburger Bischof, in dessen
Diözese die traditionalistische Bruderschaft zu seinem großen Missfallen ein internationales
Priesterseminar betreibt, frühzeitig starke Skepsis anklingen. Müller hält die Piusbrüder
nicht für kirchlich resozialisierbar, weil sie aus seiner Sicht einem falschen Traditionsverständnis
verhaftet sind. Seine Berufung an die Spitze der Glaubenskongregation würde wohl als
Signal dafür verstanden, dass die Bruderschaft mit einem weiteren Entgegenkommen Roms
nicht rechnen kann, schreibt die KNA weiter. Zumindest wäre es schwerer, den Prozess
weiter in der Schwebe zu halten - woran nicht nur die Piusbrüder ein Interesse haben
dürften.
„Nicht nur Freunde“ gemacht habe sich der Deutsche an der Kurie auch
durch sein auf tiefer Überzeugung fußendes Eintreten für die Befreiungstheologie in
Lateinamerika. Das ließe sich auch am Presseecho ablesen. Während die dpa Müller als
„Hardliner“ unter den Bischöfen eingestuft hat, gelte der Bischof in manchen italienischen
Veröffentlichungen als „linksradikal“, hält die KNA entgegen. Auch in dieser Hinsicht
„wäre es bemerkenswert, wenn der Papst Müller in jenes Amt holte, das er selbst einst
ausübte“.