Für Frieden und Versöhnung
gehen an diesem Montag in Dresden tausende Menschen auf die Straße. Am 13. Februar
gedenkt die Stadt traditionell der Zerstörung Dresdens vor 67 Jahren. Zugleich machen
das Bistum Dresden-Meißen zusammen mit Vertretern der Zivilgesellschaft gegen Neonazi-Aufmärsche
mobil, die rund um den 13. Februar stattfinden könnten. Der Bischof von Dresden-Meißen,
Joachim Reinelt, nimmt am Nachmittag in Dresden am traditionellen Friedensmarsch teil.
Er sagte im Interview mit Radio Vatikan:
„Das Beeindruckendste für mich
ist die Menschenkette von zehn bis fünfzehntausend Menschen, die Stadt geeint - Hand
in Hand, über alle Konfessionen und sonstigen menschlichen Grenzen hinweg stehen die
Dresdner zusammen, um zu bezeugen: Wir wollen für den Frieden und die Versöhnung eintreten
und nicht zulassen, dass dieser Termin genutzt wird zur Spaltung und zum Hass!“ Seitdem
2010 erstmals ein breites demokratisches Bündnis zu der Dresdner Menschenkette aufrief,
haben sich die Aufmärsche der Rechten – die sonst am 13. Februar und am Samstag darauf
stattfanden – ziemlich ausgedünnt. Werden die Neonazis an diesem Montag in Dresden
überhaupt noch marschieren? Dazu Bischof Reinelt:
„Ich denke, dass wir schon
durch das vergangene Jahr einen Erfolg erzielt haben. Der Appetit ist den Neonazis
doch ganz schön vergangen. Ob heute überhaupt noch etwas stattfindet, ist noch nicht
ganz geklärt. Auf jeden Fall wird am 18. Februar, anders als sonst, vermutlich kein
Aufmarsch stattfinden. Es ist einfach in mehreren Demonstrationsversuchen nicht gelungen,
überhaupt durch die Straßen zu ziehen, und das ist natürlich ein großer Erfolg des
Widerstandes gegen diese Rechtsradikalen.“
Bereits im vergangenen Jahr
konnte ein Neonazi-Aufmarsch in Dresden verhindert werden. Eine komplette Blockade
von Demonstrationen ist allerdings auch unter den Dresdner Neonazi-Gegnern umstritten,
weil sie eine Einschränkung der Meinungsfreiheit bedeuten kann. Gleichermaßen sei
ein rechtliches Verbot der Neonazi-Aufmärsche „schwierig“, so Bischof Reinelt, ...
„...
weil das Demonstrationsrecht in der Demokratie natürlich einen ganz großen Stellenwert
hat. Und die Gerichte stimmen deshalb auch manchmal sehr kurzfristig solchen Demonstrationen
zu. Aber wir beten und bekennen uns für den Frieden und zur menschlichen Gemeinschaft
– das ist auch ein sehr bedeutendes ökumenisches Geschehen. Wir sind uns einig: zusammen
mit den Menschen unserer Stadt wollen wir alles tun, um diese Hassprediger langsam
zum Schweigen zu bringen.“
In der deutschen Gesellschaft sind
heute in erheblichem Umfang antisemitische Einstellungen vorhanden. Das geht aus einem
jüngst veröffentlichten Expertenbericht zu „Antisemitismus in Deutschland“ hervor.
Erschreckend daran ist vor allem, dass auch außerhalb der explizit „rechten“ Szene
bei einem großen Teil der Bevölkerung latent antisemitische Vorstellungen vorhanden
sind, die sich aus Vorurteilen, Klischees und Unwissen nähren. Dass mit dem Rücklauf
der Neonazi-Aufmärsche in Dresden das Problem des Rechtsradikalismus in der Region
nicht automatisch gelöst ist, darum ist sich Bischof Reinelt bewusst:
„Denn
diese Rechtsradikalen treten ja meistens gar nicht so laut in der Öffentlichkeit auf.
Man ist oft verwundert, weshalb noch überhaupt jemand da mitmacht, aber das liegt
natürlich auch an der hohen Arbeitslosigkeit junger Menschen in unserer Region: die
sind frustiert und wollen auf diese Weise ihren Protest zeigen. Aber das ist natürlich
der falsche Weg!“ Bischof Reinelt feiert am Montagabend in der Dresdner Kathedrale
eine Messe zum Gedenktag. Auch für den 18. Februar sind in Dresden Friedensgebete
und kulturelle Veranstaltungen geplant, bei denen Toleranz und Versöhnung im Mittelpunkt
stehen. Stadtspitze und Parteien planen für kommenden Samstag erstmals eine gemeinsame
Kundgebung gegen Rechtsradikalismus.