Papst: „Gottes Liebe ist größer als aller Hass der Welt“
Das Gebet Jesu vor
seinem Tod am Kreuz: Darüber meditierte der Papst an diesem Mittwoch bei der Generalaudienz.
Benedikt XVI. ging auf die Bibelstelle im Markus-Evangelium ein, bei der die letzten
sechs Stunden Jesu am Kreuz beschrieben werden.
„Inmitten von alldem
zeigt der Herr durch sein Gebet, dass er sich der Nähe des Vaters gewiss ist, der
diesen höchsten Akt der Liebe annimmt, wenngleich seine Stimme nicht hörbar ist. Jesus
stirbt betend. Diese Gebetsworte Jesu sind nicht irgendwelche Worte, die er in diesem
Augenblick selbst erfunden hätte. Sie sind der Anfang von Psalm 22, in dem der Psalmist
die Spannung zwischen der Not, der Gottverlassenheit Israels und die Gewissheit seiner
Hoffnung, die Gewissheit der bleibenden Gegenwart und Güte Gottes ausdrückt.“
Die letzten Worte Jesu hätten die Evangelisten bewusst in dem aramäischen
Wortlaut verfasst, sodass die Gläubigen gleichsam direkt hören können, wie Jesus die
uralte Gebetsüberlieferung aufnimmt und in den Akt seiner Hingabe an den Vater umwandelt.
„Das Gebet Jesu ist nicht der Schrei von jemandem, der nicht mehr weiß,
was er soll, oder der verzweifelt auf den Tod zugeht. Es ist das Gebet Israels und
der Menschheit, das Gebet von Menschen, die durch das Böse bedrängt werden und die
doch alles zum Herzen Gottes bringen. Und er gibt ihm seine letzte Gewissheit, dass
unser Schreien in der Auferstehung endlich seine Antwort finden wird.“
So
drücken die Worte Jesu einerseits die ganze Not der Menschheit aus. Zugleich aber
durchdringen sie diese „mit Vertrauen und Hingabe“. Den deutschsprachigen Pilgern
und Besuchern sagte der Papst:
„Bringen auch wir Gott im Gebet unser
tägliches Kreuz, im Bewusstsein, dass er da ist und uns erhört. dass wir hineinbeten
in das Beten Jesu und das Beten der Menschheit und so in das Hören Gottes. Das Beispiel
Jesu lehrt uns vor allem auch, für die Vielen zu beten, die die Last des täglichen
Lebens spüren, die nur die Abwesenheit Gottes spüren und seine Anwesenheit nicht wahrnehmen.
Es lehrt uns, diese Menschen in unser Gebet hineinzunehmen, und so zu Gott hinaufzuziehen.
Dies ist die Gewissheit, mit der uns das Beten Jesu erfüllt: Gott ist gegenwärtig,
seine Liebe ist größer als aller Hass und aller Schmerz dieser Welt.“
(rv
08.02.2012 mg)
(rv 08.02.2012 mg)
Hier lesen Sie die deutsche Zusammenfassung
der Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern!
Heute möchte
ich gerne mit euch über das Gebet Jesu vor seinem Tod am Kreuz meditieren. Der Evangelist
Markus berichtet: „Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloï, Eloï,
lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
(Mk 15,34). Aus dem Evangelium wissen wir, dass der Herr sechs Stunden, von neun Uhr
vormittags bis drei Uhr nachmittags am Kreuz hing. Die ersten drei Stunden waren begleitet
vom Spott verschiedener Personengruppen, die damit ihren Unglauben bekundeten. Von
den drei darauffolgenden Stunden sagt der Evangelist, dass eine Finsternis über das
ganze Land hereinbrach. Auch der Kosmos nimmt am Ereignis des herannahenden Todes
des Sohnes Gottes teil. Die Finsternis erfasst Menschen und Dinge. Inmitten von alldem
zeigt der Herr durch sein Gebet, dass er sich der Nähe des Vaters gewiss ist, der
diesen höchsten Akt der Liebe annimmt, wenngleich seine Stimme nicht hörbar ist. Jesus
stirbt betend. Diese Gebetsworte Jesu sind nicht irgendwelche Worte, die er in diesem
Augenblick selbst erfunden hätte, die sind der Anfang von Psalm 22, in dem der Psalmist
die Spannung zwischen der Not, der Gottverlassenheit Israels und die Gewissheit seiner
Hoffnung, die Gewissheit der bleibenden Gegenwart und Güte Gottes ausdrückt. Er betet
mit dem gesamten leidenden und betenden Israel. Indem er dieses Gebet spricht, nimmt
er das Gebet Israels, sein Leiden und seine Nöte auf und trägt sie in die Gewissheit
des Hoffens und Glaubens hinein. Und nicht nur das Leiden Israels, sondern das Leiden
aller Menschen, die nach Gott suchen und ihn nicht finden können. Alle Not und Bedrängnis
der Welt ist in dieses Gebet hineingenommen, das ein Gebet der Menschheit ist, das
er zu seinem macht und damit an das Herz Gottes bringt. Die Evangelisten haben uns
bewusst den Wortlaut, den Wortklang im Aramäischen überliefern wollen, sodass wir
gleichsam direkt hören können, wie Jesus diese uralte Gebetsüberlieferung aufnimmt
und in den Akt seiner Hingabe an den Vater umwandelt und uns hineinzieht. Das Gebet
Jesu ist nicht der Schrei von jemandem, der nicht mehr weiß, was er soll, oder der
verzweifelt auf den Tod zugeht. Es ist das Gebet Israels und der Menschheit, das Gebet
von Menschen, die durch das Böse bedrängt werden und die doch alles zum Herzen Gottes
bringen. Und er gibt ihm seine letzte Gewissheit, dass unser Schreien in der Auferstehung
endlich seine Antwort finden wird. So drücken die Worte Jesu einerseits die ganze
Not der Menschheit, unser aller Bedrängnis aus. Zugleich aber durchdringen und durchtränken
sie das mit Vertrauen und Hingabe und geben es in die Hände des nur scheinbar schweigenden
Gottes und lassen es gewiss werden, dass der schweigende Gott doch der nahe und rettende
Gott ist.
Einen herzlichen Gruß richte ich an alle deutschsprachigen Pilger
und Besucher. Bringen auch wir Gott im Gebet unser tägliches Kreuz, im Bewusstsein,
dass er da ist und uns erhört. dass wir hineinbeten in das Beten Jesu und das Beten
der Menschheit und so in das Hören Gottes. Das Beispiel Jesu lehrt uns vor allem auch
für die Vielen zu beten, die die Last des täglichen Lebens spüren, die nur die Abwesenheit
Gottes spüren und seine Anwesenheit nicht wahrnehmen, und sie in unser Gebet hinein,
und so zu Gott hinauf zu ziehen. Dies ist die Gewissheit, mit der uns das Beten Jesu
erfüllt: Gott ist gegenwärtig, seine Liebe ist größer als aller Hass und aller Schmerz
dieser Welt.