Benedikt XVI.: „Sorge um Opfer muss unser Hauptanliegen sein“
Die Sorge um Missbrauchsopfer
muss ein Hauptanliegen der katholischen Kirche sein. Das hat Papst Benedikt XVI. in
einem Grußwort zur Eröffnung des internationalen Kongresses der Päpstlichen Universität
Gregoriana über Missbrauch unterstrichen. Damit einhergehen müsse eine „tiefgreifende
Erneuerung der Kirche auf allen Ebenen“. Zudem gelte es eine „wirksame Kultur von
Schutzmaßnahmen und Opferunterstützung“ zu fördern, betonte Benedikt XVI. in dem Schreiben,
das von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone im Namen des Papstes überbracht wurde. Der
Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, forderte ein
stärkeres Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch. Der „Ernst dieser Verbrechen“ dürfe
nicht aus den Augen verloren werden, sagte Levada am Montagabend zur Eröffnung der
dreitägigen Konferenz vor über 100 Vertretern nationaler Bischofskonferenzen aus aller
Welt. Sexuell übergriffige Geistliche machten zwar nur eine kleine Minderheit unter
Klerikern aus, hätten aber den Opfern und der Kirche großen Schaden zugefügt, so der
Präfekt weiter.
„Werdet selbst aktiv!“ Kardinal Levada rief
die Bischofskonferenzen weltweit zu mehr Eigeninitiative beim Erstellen von Richtlinien
im Umgang mit sexuellem Missbrauch auf. Viele Konferenzen hätten schon eigene Normen
erlassen, beispielsweise die USA, Deutschland, Frankreich, Südafrika und Australien.
Oft seien sie aber erst in Reaktion auf die Aufdeckung skandalöser Fälle durch die
Medien entstanden, so Levada. Die Kirche müsse bei der Aufklärung mit zivilen Behörden
zusammenarbeiten, unterstrich der Kardinal, bei dessen Kongregation auch die kirchenrechtliche
Strafverfolgung angesiedelt ist. Das Beichtgeheimnis müsse aber weiterhin unantastbar
bleiben. Seelsorgliche Aufgabe der Kirche sei es, den Opfern zuzuhören und sie zu
begleiten. Ein persönliches Beispiel habe Benedikt XVI. durch seine Treffen mit Missbrauchsopfern
während verschiedener Auslandsreisen gegeben.
Bessere Sensibilisierung
Zum Schutz Minderjähriger müsse die Kirche ihre Mitarbeiter schulen und
für das Thema stärker sensibilisieren, sagte Levada. Zugleich müsse sie Eltern und
Kinder über sexuellen Missbrauch in der Gesellschaft aufklären. Der Kardinal forderte
eine angemessene Ausbildung künftiger Priester. Vor allem beim Wechsel von Priesteramtskandidaten
in andere Diözesen sei Aufmerksamkeit geboten.
4.000 Fälle seit 2001
gemeldet Seit 2001 seien bei seiner Behörde 4.000 Fälle sexuellen Missbrauchs
von Minderjährigen gemeldet worden, sagte Levada. Dies mache deutlich, dass eine nur
kirchenrechtliche Antwort unangemessen sei. Neben Normen für straffällige Kleriker
gehe es auch um den bestmöglichen Beistand für Opfer, Förderung von Kinderschutzprogrammen
und die Ausbildung von künftigen Priestern.
An der Tagung über Missbrauch
nehmen bis Donnerstag 220 Vertreter von 110 nationalen Bischofskonferenzen sowie 34
Ordensobere teil. Aus Deutschland sind der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz,
der Trierer Bischof Stephan Ackermann, und der Münchener Kardinal Reinhard Marx dabei.
Die Veranstaltung steht unter dem Titel „Auf dem Weg zur Heilung und Erneuerung“.