2012-02-04 13:44:21

Symposion zu Missbrauch: Der Opferperspektive Gehör verschaffen


Das Symposion der Universität Gregoriana zum Thema sexueller Missbrauch will auch der Opferperspektive Gehör verschaffen. Das erklärt einer der Mitorganisatoren, Jesuitenpater und Psychologe Hans Zollner gegenüber Radio Vatikan. Man wolle ganz bewusst auf die Stimme derer hören, die von der Gewalt betroffen gewesen seien, auch wenn im Rahmen eines Kongresses die Möglichkeiten dazu beschränkt seien.

„Wir haben uns lange überlegt, wie die Stimme der Opfer hier beim Symposion hörbar gemacht werden kann und durch das Symposion auch für die Kirche weltweit. Wir haben uns dann dazu entschieden, dass wir eine Frau einladen, die als Missbrauchsopfer in Irland bei anderen Gelegenheiten schon über ihre Erfahrungen gesprochen hat. Sie wird vor diesem 100 Bischöfen, 40 Ordensoberen und 80 Experten noch einmal darlegen, wie sie mit dieser für sie schlimmen Erfahrung umgegangen ist. Begleitet wird sie von ihrem Ehemann aber auch von einer englischen Psychiaterin, die in den letzten Monaten für die Kirche von England und Wales sogenannte listening-sessions durchgeführt hat. Diese beiden Frauen werden für die Opfer sprechen. Uns ist klar, dass das nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein ist, aber wir wollten wenigstens diese Möglichkeit und dieses weltweite Forum nutzen, um die Stimme der Opfer hörbar zu machen.“

Eine Betroffene spricht über ihre Geschichte
Marie Collins heißt diese Frau, die bei der Konferenz von ihren Erfahrungen sprechen wird. Sie freut sich, dass gerade in Rom eine solche Konferenz durchgeführt wird.

„Dieses Symposion ist so wichtig für uns alle. Gerade hier im Herzen der Weltkirche. Als Opfer war ich auf die Kirche böse. Ich war von meiner Heimatdiözese enttäuscht. Dann tat ich alles, um den Täter, der mich missbraucht hat, vor Gericht zu bringen. Das alles hat mich eines gelehrt: Wir können nicht in der Vergangenheit leben. Wir müssen vorwärts schauen. Und für mich ist jetzt nur das Eine wichtig: Der absolute Schutz für alle Kinder.“

Als Opfer hoffe sie, dass bei der Konferenz nicht nur die Gründe für Missbrauch erforscht werden, so Collins.

„Ich wünsche mir, dass die Kirchenführung von diesem Symposion sehr viele Lehre ziehen kann. Wissen und Verständnis können meiner Meinung sehr viel dazu beitragen, das Problem zu beseitigen. Wenn man ein Wissen über dieses Problem hat, kann man auch konkrete Maßnahmen anordnen und durchsetzen. Man kann nicht genug betonen, wie wichtig dieses Thema für die Kirche ist.“

Mehr als nur Worte
Die Irin weist darauf hin, dass Richtlinien allein keinen Schutz bieten. Die Kirchenvertreter müssten sie auch konkret umsetzen.

„Denn Richtlinien können nur dann wirksam sein, wenn sie auch von allen Kirchenvertretern akzeptiert werden. Es darf nicht sein, dass nur schöne Worte gesprochen und aufgeschrieben werden. Auch darf man eines nicht vergessen – und wir Opfer wissen das: Missbrauch geschieht nicht nur in der Kirche. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Doch wenn die Kirche im Bereich des Kinderschutzes eine Führungsrolle einnehmen könnte, so würde das meine Wunde ein Stück weit heilen. Das ist auch der Grund, weshalb ich die Einladung zu diesem Symposion angenommen habe.“

Das Trauma des Missbrauchs
Marie Collins war 12 Jahre alt, als sie bei einem Krankenhausaufenthalt vom Seelsorger sexuell missbraucht wurde.

„Ich fühlte mich zerstört. Damals dachte ich, dass es mein Fehler gewesen sei. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Priester etwas Böses machen könnte. Als ich später juristisch vorgehen wollte, sagte mir mein Diözesanbischof, dass es sich nicht mehr lohnen würde, etwas zu unternehmen. Der Bischof sagte mir auch, dass es unklug sei, den Ruf des Seelsorgers zu ruinieren. Er hat versucht bis zuletzt den Priester vor der Polizei zu schützen.“

Erst vor einem Jahr wurde der Priester wegen Kindesmissbrauch verurteilt. Das sind fast 50 Jahre nach dem Übergriff an Marie Collins.

„Das Hauptproblem ist nicht die physische Gewalt, die Opfer angetan wird. Die Opfer leiden vor allem psychisch. Ich selber sah mich jahrelang als schlechte Person an. Ich hatte Minderwertigkeitskomplexe. Ich wollte auch niemanden über den Missbrauch erzählen. Ich bekam Panikattacken und konnte keine richtige Arbeit verrichten. Ständig war ich in psychiatrischen Kliniken. Erst als ich darüber mit dem Arzt gesprochen habe, fühlte ich mich besser und auch dank der Hilfe Gottes.“

(rv 03.02.2012 mg)







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