Präfekt der Ordenskongregation: „Qualität des Ordenslebens ist entscheidend“
An diesem Donnerstag-Spätnachmittag
feiert Papst Benedikt XVI. im Petersdom einen Vespergottesdienst mit Ordensleuten
– Anlass ist der 16. „Tag des geweihten Lebens“. Dieser wird auf eine Entscheidung
von Papst Johannes Paul II. hin jährlich am zweiten Februar, dem „Tag der Darstellung
des Herrn“, begangen, welcher im Volksmund auch als „Mariä Lichtmess“ bekannt ist.
Anliegen für den Tag des geweihten Lebens ist das Danken für (und das Bitten um) Menschen,
die sich ganz Gott zur Verfügung stellen. Das erklärt der Präfekt der vatikanischen
Ordenskongregation, der brasilianische Erzbischof Joao Braz de Aviz, im Gespräch mit
Radio Vatikan:
„Am Tag der Erscheinung des Herrn wollte Papst Johannes Paul
II. den ,Tag des geweihten Lebens' begehen, und Papst Benedikt XVI. hat diese Tradition
fortgesetzt. Dieser Tag hat eine wichtige Bedeutung, denn die Berufenen und Geweihten
sind zu einem Leben mit besonderen Werten bestimmt - in der Gegenwart und für die
Zukunft. Diese Menschen sind feste Orientierungspunkte für die Kirche und Gläubigen.“
„Qualität
des Ordenslebens ist entscheidend“Die sinkende Zahl der Ordensleute sei „ein
typisch europäisches Phänomen“, gibt Braz de Aviz in einem aktuellen Interview mit
der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ an. Freilich seien mittlerweile auch in den
USA, in Kanada, in Australien und in geringerem Maße auch in Lateinamerika ähnliche
Tendenzen zu beobachten. In Asien und Afrika aber passiere das Gegenteil: Dort wächst
die Zahl der Ordensleute und der Berufungen enorm. Man müsse die „tiefen Gründe“ dieser
Entwicklung verstehen, so der Präfekt, der eine Art „Identitätskrise“ der Orden als
eine Ursache vermutet:
„Die jungen Leute glauben an eine tiefe Beziehung
zu Gott. Ich denke – das ist meine persönliche Einschätzung – , dass eine der Ursachen
in einer Erkrankung der menschlichen Beziehungen liegt. Wir sind heute nicht mehr
in der Lage, uns als eine Bruderschaft zu verstehen. Es ist kein Zufall, dass viele
geweihte Ordensleute deshalb austreten – nicht, weil sie nicht mehr ihre Berufung
spüren, sondern weil sie sich nicht mehr wohl in der Gemeinschaft fühlen. Das ist
ein Phänomen, das Aufmerksamkeit verdient, weil es in gewisser Weise neu ist. Es hat
mit der Globalisierung und der menschlichen Suche nach dem Glück zu tun.“
Wo
die Qualität des Ordenslebens hoch sei, da entstehe dagegen eine „neue Sensibilität“,
resümiert Braz de Aviz. Der Brasilianer folgte im Januar 2011 Kardinal Franc Rodé
im Amt nach, der die Ordenskongregation seit 2004 geleitet hatte. Die Vesper für die
Ordensleute mit Papst Benedikt überträgt Radio Vatikan an diesem Donnerstag live ab
17.20 Uhr, und mit deutschem Kommentar. Unser Kommentator ist P. Bernd Hagenkord SJ. (rv/asca
02.02.2012 pr)