2012-01-31 08:55:00

Das Chaos erklären: Notfallseelsorge an der Costa Concordia


RealAudioMP3 Vor zweieinhalb Wochen ist das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia vor der italienischen Küste gekentert, es gab Tote und Verletzte, und noch immer sind nicht alle Opfer der Katastrophe geborgen. Der Leiter der Notfallseelsorge im Erzbistum München und Freising, Andreas Müller-Cyran, war bis vor kurzem auf Anfrage des Auswärtigen Amtes vor Ort, um die Angehörigen vermisster Deutscher zu betreuen. Der Diakon beschreibt die Zustände, die bei der Rettung und der Bergung herrschen:

„An der Einsatzstelle selbst herrscht ein ‚geordnetes Chaos’. Für den Laien wirkt es auf den ersten Blick etwas durcheinander, aber die italienischen Einsatzkräfte sind sehr, sehr gut organisiert und sehr gut strukturiert, es gibt eine sehr gute Leitung. An der Einsatzstelle herrscht eine Unruhe, die aber kein Chaos ist.“

Seine Aufgabe sei es gewesen, Betroffene an die Unglücksstelle zu begleiten und ihnen das scheinbare Chaos transparent zu machen. Es sei wichtig, dass das Chaos und die Unruhe in den Abläufen für die Angehörigen nachvollziehbar werde. Überhaupt sei das Weitergeben von Informationen und das Hören auf die Nöte der Angehörigen Hauptaufgabe vor Ort:

„Zum einen geht es um organisatorische Dinge. Dann geht es aber auch darum, was wir meinen und was wir gehört haben, wir die Rettungsarbeiten fortschreiten werden, es geht darum, ein offenes Ohr zu haben. Es geht eigentlich mehr ums Hören und Zuhören und Dasein als ums selber Reden. Gerade auch der Einsatzleiter vor Ort geht auf eine sehr gute Art und Weise auf die Betroffenen zu und informiert sie über den Fortgang der Rettungsarbeiten.“

Unter den bislang geborgenen 17 Toten des Schiffes befinden sich fünf Deutsche. Identifiziert werden müssten sie von ihren Angehörigen nicht, so Müller-Cyran.

„Auf der anderen Seite ist aus psychischen Gründen der persönliche Abschied für viele Hinterbliebene sehr wichtig, und wir können sie nur darin bestärken, wenn sie möchten, selber auch Abschied zu nehmen, weil das, was sonst in der Phantasie entsteht, oft sehr viel schlimmer ist als jede Realität.“


Hintergrund
Experten gehen davon aus, dass die Bergung der Costa Concordia noch bis Jahresende dauern wird. Unterdessen wird weiter nach Verstorbenen an Bord des Schiffes gesucht, zum Teil auch mit Robotern. Noch immer werden 22 Menschen vermisst.

(Kirchenradio 31.01.2012 ord)








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